In Serbien eskalieren die Proteste gegen Vučić

Zusammenfassung
- Bei Protesten gegen Präsident Vučić in Serbien kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Regierungsgegnern, Anhängern und Polizei, mit zahlreichen Verletzten.
- Auslöser der Proteste war der Einsturz eines renovierten Bahnhofsvordachs in Novi Sad mit 16 Toten, wofür Opposition und Experten Korruption und Schlamperei der Regierung verantwortlich machen.
- Die Demonstranten fordern Rücktritt und Neuwahlen, während Vučić die Protestierenden scharf kritisiert und seine Anhänger für die Unterstützung lobt.
Am Mittwochabend gingen die Proteste gegen die Regierung des serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić weiter. Landesweit wurde an insgesamt 30 Orten zu Protesten gegen Vučić mobilisiert.
Die heftigsten Demonstrationen fanden in Novi Sad statt, aber auch in der serbischen Hauptstadt Belgrad zeigten die Menschen auf den Straßen ihren Unmut. In Niš, Pančevo, Kruševac, Čačak, Kragujevac, Smederevo, Užice und Lazarevac ging es wesentlich ruhiger zu, berichtet die Deutsche Welle.
"Noch nie so viel Hass und Wut erlebt"
Der serbische Feldwebel Vladimir Brkušanin berichtete, dass er und seine Kollegen in Novi Sad von etwa hundert Menschen angegriffen wurden. Seinen Aussagen zufolge wurden sie von drei Seiten umzingelt. Daraufhin habe Brkušanin seine Dienstwaffe gezogen und in die Luft geschossen. "In diesem Moment flohen die Angreifer", so Brkušanin.
Die Protestierenden sollen mit Holzstöcken, Pyrotechnik, Fackeln und Steinen bewaffnet gewesen sein. "Ich mache diesen Job seit über 20 Jahren und habe noch nie so viel Hass und Wut gegenüber dem Militär und der Polizei erlebt", sagte der Soldat gegenüber serbischen Medien.
Der Staatschef Vučić bezeichnete hingegen die Protestierenden als "Schläger und Mörder" und kündigte an, die Hauptstadt Belgrad und Novi Sad von ihnen "säubern" zu lassen, wie die Nachrichtenagentur Tanjug berichtete. Damit solle ein "Bürgerkrieg" verhindert werden, sagte Vučić demnach weiter. Er dankte zudem seinen Anhängern für die Unterstützung gegen die Regierungsgegner.
In zahlreichen größeren und kleineren Städten kam es zu Handgemengen zwischen demonstrierenden Gegnern und Sympathisanten Vučićs sowie Polizisten. In Belgrad und Novi Sad bewarfen Regierungsanhänger die Gegenseite mit Feuerwerkskörpern. Die Polizei setzte dort Tränengas ein.
Dacheinsturz als Protestauslöser
Erhebliche Proteste gegen die Regierung gibt es in Serbien schon seit mehr als neun Monaten. Auslöser war der Einsturz eines frisch renovierten Bahnhofsvordachs in Novi Sad am 1. November 2024. Dabei kamen 16 Menschen ums Leben.
Unabhängige Experten und Oppositionelle machen Schlamperei und Korruption unter der Vučić-Regierung für die Tragödie verantwortlich. Die Demonstranten kritisieren Vučićs Regierung als korrupt und autoritär. Sie fordern ihren Rücktritt und Neuwahlen. "Ich bin kein Diktator", erklärte Vučić am Mittwoch - bei einem Besuch von Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP).
Weitere Proteste angesagt
Befeuert hatte die jüngsten Proteste, dass Anhänger von Vučićs Partei SNS am Vortag in den nordserbischen Dörfern Vrbas und Backa Palanka regierungskritische Demonstranten tätlich angegriffen hatten, ohne dass die Polizei dagegen einschritt.
Für Mittwoch wurden daraufhin zu Protesten gegen Vučić mobilisiert. Die Protestierenden zogen gezielt zu den SNS-Parteisitzen, wo sie von Polizeikordons und SNS-Anhängern erwartet wurden. Vučić bedankte sich bei den "wunderbaren einfachen Leuten", die die Parteizentralen "vor verrückten Blockierern" geschützt hätten.
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