Separatisten führen OSZE-Gefangene vor

Prorussische Milizionäre in der Stadt Slawjansk lassen einen Schweden frei. Er ist zuckerkrank.

Mit verschlossenen Mienen und sichtbar angespannt, aber unverletzt, wurde am Sonntag ein Gefangener in Zivil nach dem anderen von vermummten prorussischen Milizionären in den Saal des von ihnen besetzten Rathauses gebracht. Der selbst ernannte Bürgermeister der ostukrainischen Stadt Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarew, führte die OSZE-Inspektoren der Presse vor.

„Wir sind Gäste“

„Sie sind Kriegsgefangene“, sagte Ponomarew vor ein paar Dutzend Reportern. Er nannte die acht Ausländer – vier Deutsche, ein Pole, ein Tscheche, ein Schwede und ein Däne – aber auch „Geiseln der Umstände“. Der Chef der festgehaltenen OSZE-Militärbeobachter, Oberst Axel Schneider, formulierte es so: „Wir sind keine Kriegsgefangenen, wir sind Gäste von Bürgermeister Ponomarew.“ Der Deutsche betonte auch: „Wir sind keine Kämpfer, wir sind Diplomaten in Uniform.“ Und sie hofften auf ihre baldige Heimkehr.

Das sollen OSZE-Unterhändler erreichen, die Sonntag Nachmittag in der Industriestadt eintrafen. Einige Stunden später wurde der Schwede freigelassen. Der Mann leidet an Diabetes.

Ansonsten will Ponomarew seine Geiseln nur im Tausch gegen eigene Leute freilassen. Aus seiner Sicht sind die OSZE-Militärbeobachter, die mit fünf ukrainischen Soldaten unterwegs waren, NATO-Spione. Am Sonntag seien auch drei ukrainische Offiziere einer Eliteeinheit gefasst worden. Auf die Frage, ob sich Russland für die Freilassung der OSZE-Gruppe engagiere, sagte Ponomarew, er habe „keinen direkten Kontakt mit Moskau“. Russland beteuerte aber, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um die Freilassung der Beobachter zu erreichen.

Putins Umfeld im Visier

In den Ohren von US-Präsident sind das Phrasen. Kreml-Chef Putin habe „keinen Finger gerührt“, um die Lage zu entspannen. Obama forderte daher die westlichen Länder auf, geschlossen vorzugehen – und weitere Sanktionen zu verhängen. Dies könnte schon heute der Fall sein. Die EU erwägt weitere Einreisebeschränkungen und Kontensperren für 15 einflussreiche Russen. In Washington ist zu hören, die USA wollten das direkte Umfeld Putins sowie wichtige Sektoren wie Energie und Banken treffen.

Putins einstiger Gegenspieler Chodorkowski rechnet nicht mit einem raschen Erfolg der Sanktionen. Seine eigene Mission in der Ostukraine war auch nicht erfolgreich: Moskautreue Aktivisten in Donezk beschimpften ihn als „Verräter“. Wenig später stürmte die Menge einen TV-Sender. Glück hatten zwei OSZE-Beobachter in der Region Donezk. Sie wurden an einem Checkpoint festgehalten, die örtliche Polizei erwirkte aber ihre Freilassung.

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