Der Preis des Krieges: Wer am Wiederaufbau Gazas verdienen will

Zerstörtes Land: Die meisten Schulen in Gaza sind zerbombt.
Israels längster und blutigster Krieg hat den Gazastreifen dem Erdboden gleichgemacht. Ein Zehntel der Bevölkerung ist tot oder verletzt, viele sind verschollen. Wie soll da ein Wiederaufbau gelingen?

67.000, diese Zahl alleine. So viele Menschen, sagt das Gesundheitsministerium der Hamas, sind seit Beginn des Krieges in Gaza umgekommen. Sie wurden binnen der letzten zwei Jahre von Trümmern erschlagen, von Bomben zerfetzt, manche gezielt getötet. Oder sind schlicht verhungert.

An der Zahl gibt es Zweifel, schließlich stammt sie von der Hamas; auch der Schätzung, dass 20.000 Kinder unter den Toten sind, misstraut man. Für viele unabhängige Organisationen ist sie aber glaubhaft, und selbst innerhalb Israels kommt man auf ähnliche Größen: Mehr als 200.000 Menschen seien in dem Krieg gestorben oder verletzt worden, das sind knapp zehn Prozent der Bevölkerung, sagte Herzi Halevi kürzlich. Er war bis zu seinem Rücktritt im März Generalstabschef Israels, leitete also den Kriegseinsatz.

Schreckliche Superlative

Der Gazakrieg, eine Reaktion Israels auf den schlimmsten Anschlag auf Juden seit dem Holocaust, dem Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023, war der längste und blutigste Krieg in Israels Geschichte. Er hinterlässt ausschließlich schreckliche Superlative, bei den Toten, bei den Vertriebenen, bei den Zerstörungen: 2,1 Millionen, sprich 95 Prozent aller Menschen im Gazastreifen, lebt in Zelten oder notdürftigen Unterkünften; 85 Prozent der Gebäude sind nur mehr Schutt.

Um sich die Dimensionen der Zerstörung vorzustellen, muss man sich den Vergleich vor Augen halten: Die schmale Küstenstreifen ist mit 365 Quadratkilometern in etwa so groß wie Wien, und er ist sogar noch deutlich dichter besiedelt. Er ist, wenn man so will, doppelt so kaputt wie Österreichs Hauptstadt nach dem Zweiten Weltkrieg: 41 Prozent der Wiener Gebäude waren damals zerbombt. Überträgt man die Zerstörung Gazas auf Wien, bliebe nur mehr Donaustadt heil – und nicht mal das zur Gänze.

Ceasefire between Israel and Hamas goes into effect

Dennoch haben sich am Freitag Tausende Menschen auf den Weg gemacht, um ihr Leben in den Trümmern zu suchen. Zu Fuß oder mit Pferdekarren zogen sie die Küste entlang, viele auf der Suche nach Angehörigen, die noch im Schutt begraben liegen. Wie ihr Leben inmitten der Zerstörung aussehen soll, weiß keiner so genau: Kaum eine Schule im Gazastreifen ist heil, die meisten Kinder hatten seit zwei Jahren keinen ernsthaften Unterricht.

In Trumps 20-Punkte-Plan sucht man Details dazu vergebens. Dort steht zwar, dass das „Supervisory Board“ unter seiner und Tony Blairs Führung den Rahmen für den Wiederaufbau festlegen und auch das Geld dafür verwalten werde. Aber woher das kommen soll, ist nicht klar: Laut UNO wird es mindestens 50 Milliarden Dollar kosten und 15 Jahre dauern, nur um auf den Vorkriegs-Zustand zurückzukehren – und der war teils menschenunwürdig.

Wie viel Mittel aus Washington kommen werden, hat Trump immer außen vor gelassen. Klar gemacht hat er nur, dass die USA – und wohl seine Familie – vom Aufbau profitieren sollen: Er selbst will den Wirtschaftsentwicklungsplan verantworten, der aus Gaza eine Sonderwirtschaftszone und eine Region ähnlich der „florierenden modernen Wunderstädte im Nahen Osten“ machen soll, wie wörtlich im Plan steht.

Damit dürften Doha, Abu Dhabi oder Riad gemeint sein, dort macht Trumps Schwiegersohn Jared Kushner seine großen Geschäfte. Er war es auch, der den Friedens-Deal mitverhandelte – und am Donnerstag bis in die Nachtstunden mit Israels Premier Netanjahu Details besprach.

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