G-20: Wenig Taten und doch unverzichtbar
Dass der G-20-Gipfel im mexikanischen Urlaubsresort Los Cabos kein Gipfel der historischen Weichenstellungen sein wird, das war von Vornherein allen Beteiligten klar. "Eine verlorenes Jahr für die G-20", "der schwächste G-20-Gipfel aller Zeiten" - so und so ähnlich lauteten Einschätzungen von Leuten, die selbst seit Jahren Teil dieser "Gipfelprozesse" sind. Die Bewertungen kamen, noch bevor die Staats- und Regierungschefs der führenden Schwellen- und Industrieländer überhaupt ins Flugzeug gestiegen waren.
Brillante neue Initiativen, spektakuläre, gar historische Ergebnisse sind nicht zu vermelden. Es wurde viel geredet von den mächtigsten Politikern dieser Welt in Los Cabos, und zwar miteinander, ganz persönlich. Und darum geht es doch: Wo sonst können die wichtigsten Akteure schon mal ungezwungen aufeinander zugehen, etwa bei einem Pausen-Kaffee, informell, ganz ohne Mitarbeiter, ein paar vielleicht vertrauliche Sätze austauschen? Genau dieses Konzept stand am Beginn dieser G-Gruppen, die Mitte der 70er Jahre der damalige deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt und Frankreichs Staatspräsident Valerie Giscard d`Estaing aus der Taufe gehoben haben. Und auch heute noch ist der Gipfel informeller Diskussionszirkel, ohne Gesetzesvollmachten, ohne Beschlusskompetenz, letztlich ohne Verbindlichkeit.
Ergebnisse
Ein gutes Zeichen für den freien Welthandel, aber sonst wenig Greifbares: Den G-20 sind Kraft und Wille abhanden gekommen, Probleme vom Ausmaß der Euro-Schuldenkrise gemeinsam anzugehen. Beim Gipfel standen die Europäer am Ende mit ihrer Staatschuldenkrise recht alleine da, auch wenn es an guten Worten und Ratschlägen nicht mangelte.
Nach dem Schlagabtausch mit viel Kritik am europäischen Krisenmanagement zum Auftakt zeigte sich US-Präsident Barack Obama am Dienstag letztlich versöhnlich: "Ich bin zuversichtlich, dass sie (die Europäer, Anm.) diese Prüfungen bestehen können. Wenn die Leute ein Gefühl dafür haben, wo es hingeht, kann das Vertrauen schaffen." Neben den USA mahnten Staaten wie China, Indien und Südkorea, in der Schuldenkrise rasch zu handeln, um Gefahren für die Weltwirtschaft abzuwenden.
US-Finanzminister Timothy Geithner gab der Euro-Schuldenkrise die Schuld, dass die Konjunktur der größten Volkswirtschaft der Erde USA nicht anspringt - zu einer Zeit, in der sein Chef im Wahlkampf steht: "Wir wachsen nicht so, wie wir wachsen sollten."
Wachstum schaffen, Finanzmärkte beruhigen
Die Abschlusserklärung war an dieser Stelle eindeutig: Die Euro-Zone sei in der Pflicht, die Finanzmärkte zu beruhigen, Vertrauen zurückzugewinnen und Wachstum zu schaffen. "Die Mitglieder der Eurozone in der G-20 werden alle notwendigen politischen Maßnahmen ergreifen, um die Integrität und Stabilität des Währungsraums zu sichern."
Frankreich vs. Deutschland
Den Streit über den richtigen Weg zu mehr Wirtschaftswachstum - in Europa vor allem zwischen Frankreich und Deutschland - mündete für den Moment im Patt. Mit einer unverbindlichen Passage in der Gipfelerklärung gaben sich alle zufrieden: diejenigen, die auch auf Pump finanzierte Programme gutheißen, wie auch die andere Seite, die mehr auf Haushaltssanierung und Strukturreformen setzt.
Die G-20 verständigen sich auf einen "Los-Cabos-Aktionsplan" für Wachstum und Jobs. Die europäischen Länder sagen Wachstumsimpulse zu, ohne den Kurs der Haushaltssanierung aufzugeben. Den USA wird angesichts der vergleichsweise schwachen Konjunktur zugestanden, langsamer zu sanieren.
Finanztransaktionsteuer
EU-Kommissionspräsident Barroso machte sich beim G-20-Gipfel für eine globale Finanztransaktionsteuer stark. Präsident Hollande rechnet für 2013 mit einer Finanztransaktionsteuer in Europa. Es dürfe nicht immer nur über die neue Steuer geredet werden, sagte er in Los Cabos. "Wir müssen es machen." Hollande gestand ein, dass die Steuer wohl nicht europaweit kommen werde, sondern nur in einigen Ländern. In der Europäischen Union wird eine solche Abgabe derzeit intensiv diskutiert. Allerdings stellt sich vor allem Großbritannien mit seinem starken Finanzsektor dagegen. Deutschland und Österreich sind dafür und gegebenenfalls bereit, auch mit einer kleineren Gruppe EU-Staaten eine solche Steuer einzuführen. Österreich hat im zuletzt beschlossenen Konsolidierungspaket bereits eine Finanztransaktionssteuer eingepreist. Sie soll ab 2014 rund 500 Mio. Euro pro Jahr bringen.
Welthandel
Ein deutliches Zeichen setzten die G-20 gegen Hürden und Hemmnisses im Welthandel. In der Abschlusserklärung heißt es: "Wir sind tief besorgt über zunehmende Fälle von Protektionismus rund um den Globus." Die G-20 versprechen deshalb, bis 2014 keine neuen Maßnahmen zu ergreifen, die eigenen Märkte von Waren und Dienstleistungen abzuschotten. Erstmals hatte sich die G-20 beim Gipfel in Cannes 2011 auf dieses sogenannte Stillhalteabkommen verständigt. Nun wurde es in Los Cabos verlängert. Die Verhandlungen über einen freien Welthandel (Doha-Runde) liegen seit Jahren brach.
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