Das Sommerloch grüßt: Merz, Söder und die ewig alte Kanzler-Frage
Archivfoto vom 29.10.2022: Markus Söder und Friedrich Merz bekunden den Zusammenhalt der Schwesterparteien mit einem Fanschal.
Friedrich Merz, abgeschlagen auf dem dritten Platz: Es war heißer Zündstoff für die laufende Kanzlerkandidaten-Debatte, den die Insa-Umfrage der Bild-Zeitung unlängst lieferte: Auf die Frage, wer denn der Favorit der Unionswähler für eine Kanzlerkandidatur sei, erhielt der Bundesparteivorsitzende weniger Zustimmung (20 Prozent) als der bayrische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder (38 Prozent) und der nordrhein-westfälische CDU-Landeschef und mit den Grünen regierende Ministerpräsident Hendrik Wüst (29 Prozent).
Die K(anzlerkandidaten)-Frage füllt das mediale Sommerloch der Bundesrepublik: Die aufwühlende Debatte um das Heizungsgesetz ist auf September verschoben, Kanzler Olaf Scholz (SPD) erholt sich kryptischen Urlaubsfotos zufolge in Nizza. Dass die nächste Bundestagswahl erst im Herbst 2025 ansteht, tut in der Debatte nichts zur Sache.
Von der CDU gewollt ist die mediale Aufmerksamkeit keineswegs, sucht sie doch nach wie vor ihre Grundsätze. Auslöser für die Debatte war Merz’ ungeschicktes ZDF-Interview Mitte Juli, in dem es so klang, als würde der Bundesvorsitzende eine Zusammenarbeit mit der rechtspopulistischen AfD auf kommunaler Ebene nicht ausschließen. Nicht der erste "Ausrutscher" von Merz – zuletzt bezeichnete er die CDU als "Alternative für Deutschland – mit Substanz".
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Nicht nur die Erben des mittigen, liberalen CDU-Kurses von Alt-Kanzlerin Angela Merkel, darunter der Berliner Bürgermeister Kai Wegner, reagierten empört. Auch der konservative Söder distanzierte sich von der Äußerung, während sich die CDU-Landesvorsitzenden aus dem Osten hinter Merz stellten. Der frühere saarländische CDU-Ministerpräsident Tobias Hans sprach es schließlich aus: Kann Merz' Kanzlerkandidat?
Wann endet der Sommer?
Weiter angeheizt wird die Debatte von Unstimmigkeiten über die zeitliche Abfolge der Entscheidung der K-Frage. Als Zeitpunkt wurde seit jeher "Spätsommer 2024" genannt, ein Jahr vor der Bundestagswahl. Es sei laut Medien unausgesprochener Konsens in der Union gewesen, dass damit vor den Landtagswahlen in den ostdeutschen Ländern Sachsen und Thüringen am 1. September und in Brandenburg am 22. September 2024 gemeint war, wo die AfD ungeschlagen alle Umfragen anführt.
Söder sprach in einem ARD-Interview nun von "Herbst 2024"; betonte, man müsse die Ergebnisse der Landtagswahlen im Osten "sehr, sehr sensibel und sehr genau analysieren [...] und daraus möglicherweise auch gute Argumente für die Personalfrage finden".
Merz und Söder beim CSU-Parteitag am 29. Oktober 2022 in Augsburg. Die Debatte, wer die Richtung vorgibt, wird noch lange bleiben.
Merz gab sich daraufhin, um der Debatte den Wind aus den Segeln zu nehmen, pragmatisch: Seiner Auffassung nach reiche der Spätsommer bis Ende September. Für Merz sei es nicht entscheidend, ob der Kanzlerkandidat nun vor oder nach diesen Landtagswahlen bestimmt werde, ließ die CDU-Zentrale wissen.
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Es gibt nur einen, der von der medialen Aufmerksamkeit vor der Landtagswahl in Bayern am 8. Oktober profitiert: Markus Söder selbst. Sein Amt dürfte er bequem verteidigen können, je nach Stimmenzuwächsen oder -verlusten wird das Ergebnis aber seine Machtposition in der Union beeinflussen. Im ARD-Interview verneinte Söder vor Kurzem etwaige Kanzlerambitionen.
Das tat er auch 2020. Ein Jahr darauf, vor der Bundestagswahl 2021 und mit Armin Laschet als Kanzlerkandidaten, kam ja bekanntlich alles anders.
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