Friedenssignal in Kriegszeiten

Gefangene warteten auf ukrainischer Seite der Kontaktlinie auf Austausch
Größter Gefangenenaustausch seit Beginn der Kämpfe – eine Geste oder mehr?

Nahezu 15 Monate hatte sich an dieser Front gar nichts bewegt. Am Mittwoch war es schließlich soweit für den größten Gefangenenaustausch in der Geschichte des Krieges in der Ostukraine. Am Frontübergang Maiorske nahe der Stadt Horliwka fuhren am Mittwoch Busse mit 237 Gefangenen vor. Zur gleichen Zeit sollten auf der anderen Seite der Front sowie an anderen Übergängen 73 gefangene ukrainische Soldaten bereit gemacht werden. Die ukrainischen Soldaten wurden zu Mittag übergeben, die Gefangenen der Ukraine, allesamt pro-russische Separatisten wie es hieß, gegen am Abend. Das war der Deal, um den monatelang gefeilscht worden war.

Friedenssignal in Kriegszeiten
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Abgesehen von der seit 23. Dezember geltenden Waffenruhe – der allgemein aber keine allzu lange Lebensdauer gegeben wird – ist dieser Austausch der derzeit einzige Lichtblick in diesem seit dem Frühjahr 2014 andauernden Krieg. Zuletzt hatte die Anzahl der Waffenstillstandsverletzungen zugenommen. Auch mehr Opfer wurden verzeichnet. Selbst in den Stunden vor dem Austausch meldete Kiew ein Todesopfer an der Frontlinie – durch Mörserbeschuss. Umgekehrt meldeten auch die pro-russischen Autoritäten in Donezk Waffenstillstandsverletzungen durch die ukrainische Seite.

Weitere Listen in Arbeit?

Ein positives Signal ist der Austausch aber allemal. Schließlich ist die Übergabe aller Gefangenen maßgeblicher Teil der Abkommen von Minsk, durch die der Konflikt in politische Bahnen gelenkt werden soll. Bisher hatte aber schon der militärische Teil des Deals – Abzug schwerer Waffen von der Front, Einstellung der Kämpfe – kaum gehalten. Mit dem Austausch am Mittwoch wurden allem Anschein nach auch nicht alle Gefangenen ausgetauscht. An weiteren Listen werde gearbeitet, verlautete etwa der Chef der sogenannten Volksrepublik Donezk (DNR), Alexander Sachartschenko.

Das Feilschen um Listen und Namen ist dabei ein sensibler Teil. So gaben einige Gefangene, die am Mittwoch an die DNR übergeben werden sollten, an, keine Ahnung zu haben, wie sie auf die Listen kamen, da sie mit den Separatisten nichts zu tun hätten. Ukrainischen Medien zufolge wollten bis zu 15 Personen auch versuchen, einer Übergabe an die DNR zu entgehen und das auch vor dem Internationalen Roten Kreuz bezeugen. Ein Ukrainer wollte auf Donezker Seite bleiben, hieß es. Auf Kiewer Seite hätten mehr als 40 Separatistenkämpfer, die auf der Liste standen, ihre Strafe schon verbüßt und seien freigelassen worden. Ob und welche Auswirkungen das haben könnte, war unklar.

Militärrat

Allerdings ist der Austausch letztlich kaum mehr als eine Geste, und die Frage der Gefangenen ein isoliertes, wenn auch wichtiges Thema in diesem Krieg. Und in anderen Problemfeldern tun sich gerade derzeit große Fragen auf: So ist nach wie vor unklar, ob sich Russland bereit erklären wird, wieder Offiziere in den ukrainisch-russischen Militärrat JCCC zu entsenden, der den – wenn auch brüchigen – Waffenstillstand implementieren soll. Moskau hatte seine Militärs vor Weihnachten aus dem JCCC zurückgezogen.

Und dann ist da die Frage, wie sich angekündigte US-Waffenlieferungen an Kiew auswirken. Stellungnahmen dazu seitens russischer Stellen, die ja mit den separatistischen Strukturen in der Ostukraine eng vernetzt sind, lassen eher eine Eskalation als eine Lösung erahnen.

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