Macron will nicht mit Linksbündnis regieren – aber mit wem dann?
Präsident Emmanuel Macron sucht einen neuen Premierminister. Im Hintergrund der nur mehr geschäftsführende, Gabriel Attal.
aus Paris Simone Weiler
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat bei den Neuwahlen des Parlaments vor eineinhalb Monaten eine Schwächung erlitten, seine Partei und deren Bündnispartner sind seitdem nur noch die zweitstärkste Kraft in der Nationalversammlung. Und trotzdem will der französische Präsident weiter den Ton angeben und selbst entscheiden, mit welchen Parteien er künftig regiert – und mit welchen nicht.
Macron warnt vor Instabilität
Nun hat er dem Linksbündnis "Nouveau Front Populaire" (NFP) nach mehrtägigen Gesprächen mit Vertretern aller Parteien eine klare Absage erteilt. Diese Allianz aus Linkspartei LFI (La France Insoumise), Sozialisten, Grünen und Kommunisten hat bei den Wahlen am meisten Sitze in der Nationalversammlung erlangt, noch vor Macrons Mitte-Lager und dem rechtsextremen Rassemblement National (RN). Doch keiner der drei Blöcke verfügt über eine absolute Mehrheit.
Die NFP einigte sich auf ein gemeinsames Programm und Lucie Castets als Kandidatin für das Amt der Premierministerin. Seit Wochen führte die bisherige Finanzdirektorin der Stadt Paris eine offensive Kampagne in den Medien und baute Druck auf Macron auf. Doch dieser gab nicht nach. Eine NFP-Regierung würde "unmittelbar von allen anderen Fraktionen in der Nationalversammlung gestürzt", erklärte er in einer Mitteilung am Montagabend. "Eine solche Regierung hätte also sofort eine Mehrheit von 350 Abgeordneten gegen sich, was sie vom Handeln abhalten würde." Er sei der Garant der Stabilität – und könne das nicht zulassen.
Das Linksbündnis will Lucie Castets, bisherige Finanzdirektorin der Stadt Paris, als Premierministerin.
Heißt das Problem Mélenchon – oder links?
Tatsächlich hatten die Vertreter des RN, der bürgerlichen Rechten, aber auch der gemäßigten Mitte mit einem Misstrauensvotum gegen eine NFP-geführte Regierung gedroht. Die meisten begründeten ihre Ablehnung mit der Beteiligung der Linkspartei LFI, bei der der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon weiter die Fäden zieht. Ihm werden antisemitische Entgleisungen und antidemokratische Haltungen vorgeworfen. Mélenchon brachte zuletzt allerdings die Möglichkeit einer linken Regierungsmannschaft ohne Beteiligung seiner Partei ins Spiel. Mit diesem Coup brachte er das Regierungslager in Bedrängnis, denn sollte es nicht zustimmen, so Mélenchon, wären LFI-Minister als Hindernis nur ein Vorwand: "Dann ist es das Programm, das ihr nicht wollt."
Das dürfte zutreffen. Das Linksbündnis fordert unter anderem die Rücknahme der umstrittenen Rentenreform, die Macron vor eineinhalb Jahren gegen viel Widerstand durchgesetzt hat, eine höhere Besteuerung von Gutverdienern und die Anhebung des Mindestlohns. Macron hat sich stets für einen Reformkurs und gegen Steuererhöhungen ausgesprochen. "Es darf nicht auseinandergenommen werden, was wir geschafft haben", heißt es aus dem Umfeld des Präsidenten.
Der Europaabgeordnete Jordan Bardella (r.) und die Vorsitzende des rechtsextremen Rassemblement National (RN), Marine Le Pen.
Allerdings ist eine stabile Regierungsmehrheit aus verschiedenen Parteien weiterhin nicht in Sicht – dabei muss im Herbst der Haushalt für das nächste Jahr verabschiedet werden. Die aktuelle Regierung ist nur noch kommissarisch im Amt.
Aufruf zu Protesten
In seinem Schreiben rief Macron die Sozialisten, Grünen und Kommunisten dazu auf, mit den Mitte-Parteien zusammenzuarbeiten. Doch die Parteien des linken Spektrums haben angekündigt, sich nicht spalten zu lassen und sich auf keine weiteren Gespräche mit Macron einzulassen. "Er spricht von Stabilität, aber drei Viertel der Franzosen wollen einen Wechsel", sagte die Grünen-Chefin Marine Tondelier, die dem Präsidenten "illiberale Praktiken" und vorwarf: "Diese Wahl wird uns gestohlen." LFI hat Demonstrationen angekündigt, die erste soll am 7. September stattfinden. Frankreich drohen ein unruhiger Herbst, eine Blockadesituation – oder beides.
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