Frankfurt: Radrennen nach Bombenfund abgesagt

Experten bei der Entschärfung
In der Nähe von Frankfurt wurde eine selbst gebastelte Bombe gefunden. Ein Ehepaar wurde verhaftet.

Die deutsche Polizei hat möglicherweise einen Anschlag auf ein Radrennen mit Zehntausenden Zuschauern in Frankfurt vereitelt. Das für Freitag geplante Rennen ist am Donnerstagabend nach einem Bombenfund bei einem Ehepaar abgesagt worden. Der Mann soll den Kurs des Rennen ausgekundschaftet haben, hieß es.

Wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat wurde gegen das Ehepaar ein Haftbefehl erlassen. Das erklärte das hessische Landeskriminalamt (LKA) am Donnerstagabend in Wiesbaden.

Bei dem in der Nacht auf Donnerstag in Oberursel festgenommenen Ehepaar seien eine "funktionsfähige Rohrbombe", Munition und Waffenteile gefunden worden, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft in Wiesbaden mit. Der festgenommene Mann hatte den Angaben zufolge Kontakt zur radikalislamischen Salafistenszene.

Auf der Starliste des Rad-Eintagesrennens "Rund um den Finanzplatz: Eschborn - Frankfurt" stehen etliche internationale Asse wie der Deutsche John Degenkolb und der Norweger Alexander Kristoff. Mit Marco Haller sollte die 54. Auflage über 206,8 Kilometer auch ein Österreicher in Angriff nehmen.

Enttäuschung, aber auch Verständnis für Absage

Sportler und Veranstalter zeigten sich enttäuscht, äußerten aber auch Verständnis für die Entscheidung, das Radrennen "Rund um den Finanzplatz Eschborn-Frankfurt" wegen eines Bombenfundes bei einem Ehepaar abzusagen. "Die Absage ist ausgesprochen schade. Aber wichtig ist, dass wir kein Risiko eingehen wollen", sagte Veranstalter Bernd Moos-Achenbach.

Die finanziellen Folgen konnte er noch nicht abschätzen. Der Etat für die Veranstaltung liegt zwischen 800.000 und einer Million Euro.

"Es ist extrem schade, ich bin geschockt, aber natürlich hatte auch ich etwas Bauchschmerzen, als ich von den Ereignissen in Oberursel gehört habe", sagte der deutsche Mitfavorit John Degenkolb, der das Rennen 2011 gewonnen hatte. Wie alle Fahrer und Verantwortlichen hatte er beim traditionellen Zusammenkommen am Abend vor dem Rennen in Eschborn von der Absage erfahren.

"Ich liebe dieses Rennen, aber das geht nicht soweit, dass ich dafür mein Leben riskiere", meinte der 2009 und 2010 siegreiche Deutsche Fabian Wegmann. "Wirklich traurig zu hören, dass @EschbornFFM abgesagt werden musste. Schwer zu verstehen, dass Menschen in dieser Welt ein Radrennen attackieren würden", schrieb Marcel Kittel bei Twitter.

Erinnerung an Boston-Anschlag

Der Chef des "Bundes Deutscher Radfahrer" (BDR) und ehemalige deutsche Verteidigungsminister Rudolf Scharping äußerte Verständnis für die Absage. "So etwas, was in Boston passiert ist, will natürlich niemand erleben", sagte er mit Blick auf den Anschlag auf den Boston-Marathon vor zwei Jahren.

Auf die Spur des Paares kamen die Ermittler durch den Hinweis einer Frankfurter Baumarkt-Mitarbeiterin, wie der Leiter der Staatsanwaltschaft Frankfurt, Albrecht Schreiber, sagte. In dem Geschäft hatten die beiden demnach drei Liter Wasserstoffperoxid gekauft, das gemischt mit anderen Flüssigkeiten zur Sprengstoffherstellung benutzt werden kann.

Islamistisch-salafistische Szene

Der Präsident des Polizeipräsidiums Westhessen in Wiesbaden, Stefan Müller, erklärte auf der Pressekonferenz, in dem Baumarkt hätten die Eheleute trotz Aufforderung des Personals keinen Ausweis vorgelegt und falsche Personalien in ein Formular eingetragen. Es habe dann noch "eine Weile" gedauert, den Mann zu identifizieren, sagte Müller. Dieser gehöre der "islamistisch-salafistischen Szene" im Rhein-Main-Gebiet an.

Bei der Observierung fiel der Polizei nach Müllers Worten auf, dass der Verdächtige sich auf der Strecke des für Freitag geplanten Radrennens aufhielt. Auch vor diesem Hintergrund sei in der Nacht der Zugriff erfolgt.

Keller-Fund

Im Keller der Wohnung entdeckten die Ermittler laut dem Staatsanwalt das Wasserstoffperoxid sowie eine Flasche Brennspiritus, einen Kanister Diesel und weitere Behälter mit bisher unbekannten Flüssigkeiten. Auch Aceton wurde entdeckt. In der Islamistenszene ist laut Müller ein Sprengstoff beliebt, der aus Wasserstoffperoxid, Aceton und Salzsäure gemischt wird.

Gefunden wurden den Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge neben der Rohrbombe und hundert Schuss scharfer Munition auch "wesentliche Teile" eines automatischen Sturmgewehrs vom Typ G3 und ein Übungsgeschoß für eine Panzerfaust. Es sei davon auszugehen, "dass wir einen Anschlag verhindern konnten mit den sichergestellten Gegenständen", sagte Schreiber.

Zur Frage, was genau die Verdächtigen vorhatten und ob sie einen Anschlag auf das Radrennen planten, wollten sich die Ermittler nicht äußern. Die Untersuchungen liefen noch. Der Teil der für das Radrennen vorgesehenen Strecke, die der Verdächtige aufgesucht hatte, sei von zwei Hundertschaften der Polizei abgesucht worden, sagte Müller. Gefunden worden sei bisher nichts.

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