FPÖ will gegen Selenskij-Rede protestieren – aber wie?

FPÖ will gegen Selenskij-Rede protestieren – aber wie?
Blaue sieht einen "Anschlag auf die Neutralität", wenn ukrainischer Präsident im Parlament spricht.

24 von 27 EU-Staaten sowie das EU-Parlament (Bild oben) haben dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij bereits die Chance geboten, per Video eine Rede zu halten. Auf der Liste fehlen nur noch Bulgarien, Ungarn – und Österreich. Das soll sich am Donnerstag ändern: Selenskij soll eine 20-minütige Rede halten, die live im Parlament übertragen wird.

Die FPÖ hatte einen solchen Auftritt vor einem Jahr verhindert, diesmal soll es über einen Umweg gelingen: Selenskij wird nicht bei, sondern vor der Plenarsitzung sprechen, und zwar bei einer „parlamentarischen Veranstaltung“. FPÖ-Klubchef Herbert Kickl will das nicht hinnehmen und kündigt einen „freiheitlichen Protest“ an (der KURIER berichtete). 

Wie dieser aussehen wird, verrät er nicht. „Das werden Sie dann am Donnerstag sehen“, sagte er am Dienstag auf Nachfrage von Journalisten. „Wir werden jedenfalls keine Beitragstäterschaft leisten bei diesem Anschlag auf die österreichische Neutralität.“

Der ukrainische Präsident habe im Parlament genauso wenig etwas verloren wie ein Vertreter Russlands oder eines anderen kriegsführenden Landes der Welt, betonte Kickl.

Fünf Minuten Redezeit

Die Veranstaltung beginnt um 9 Uhr mit Eröffnungsworten von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, um 9.05 Uhr wird Selenskij zugeschaltet. Danach hat jeder Klub fünf Minuten Zeit für eine Wortmeldung.

Die Blauen könnten ihren Unmut innerhalb ihrer Redezeit kundtun, Taferln und Plakate hochhalten oder der Veranstaltung generell fernbleiben. 

Fragt sich: Wird der ukrainische Präsident den „freiheitlichen Protest“ registrieren?

Selenskij sieht den Saal

Ob er die Wortmeldungen nach seiner Rede mithört, sei eine Zeitfrage, heißt es auf Anfrage in der Parlamentsdirektion; voraussichtlich aber nicht.

Allerdings ist geplant, dass Selenskij während der Live-Übertragung die Abgeordneten im Saal sitzen sieht – ebenso, wie die Abgeordneten ihn sehen. Hält der FPÖ-Klub Taferln hoch, dürfte Selenskij sie bemerken.

Eine weitere Option wäre eine Kundgebung bzw. Demo. Mit Stand Dienstagabend haben aber weder die FPÖ noch andere Gruppierungen eine Versammlung bei der Wiener Landespolizeidirektion angemeldet – und das müsste 48 Stunden vorher geschehen.

„Keine Verbalangriffe“

Nationalratspräsident Sobotka erklärte im Vorfeld, er erwarte sich einen „respektvollen Diskurs und Dialog“ und werde keine „Verbalangriffe“ akzeptieren. Die Einladung an den ukrainischen Präsidenten sei ein „Akt der Solidarität“.

Österreich sei militärisch neutral, aber nicht politisch. „Dieser russische Angriffskrieg ist auch ein Angriff auf demokratische Prinzipien und Werte, die es mit allen Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, zu verteidigen gilt."

Vor einem Jahr – also kurz nach Kriegsausbruch – hatten die Neos in der Präsidiale einen Antrag gestellt, Selenskij einzuladen. Die FPÖ (und zunächst auch die SPÖ) lehnten das mit Verweis auf die Neutralität ab.

Dass die Rede jetzt doch noch stattfindet, freut Neos-Vize-Klubchef Nikolaus Scherak. Er sieht darin einen Anlass zu einer Debatte über die Neutralität und die Sicherheitsstrategie Österreichs.

Die FPÖ will im Justiz-Ausschuss einen Antrag zur Stärkung der Neutralität einbringen. 

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