Braune Gewalt: Politiker und Helfer im Visier

BKA befürchtet Übergriffe auf Politiker und Freiwillige
Flüchtlingskrise: BKA warnt vor neuen Formen der Gewalt in Deutschland – Pegida-Demos als "Katalysator".

Mehr als 500 Anschläge waren es heuer bereits, doppelt so viele wie im ganzen vergangenen Jahr: Dass rechte Gewalt auf Flüchtlingsheime in Deutschland auf der Tagesordnung steht, ist mittlerweile trauriges Faktum. Jetzt warnt das Bundeskriminalamt (BKA) eindringlich davor, dass sich die Lage noch weiter verschärfen könnte; die Behörde befürchtet vor allem neue Formen des Terrors – wie etwa Attacken auf Politiker oder Freiwillige.

Autobahnblockaden

Beispielhaft dafür steht die Attacke auf Henriette Reker. Die designierte Kölner Oberbürgermeisterin war erst vergangenes Wochenende niedergestochen worden – aus fremdenfeindlichen Motiven, denn der Täter war in der rechtsextremen Szene aktiv. Der interne Bericht des BKA, den die Süddeutsche Zeitung zitiert, wurde zwar vor diesem Attentat verfasst – er warnt jedoch genau vor derartigen Übergriffen: Vor allem "Politiker und Unterkunftsbetreiber" seien es, die nun neben Flüchtlingen selbst im Visier fremdenfeindlicher Täter lägen. Zudem fürchtet man, dass die rechte Szene zu neuen Methoden greift. Blockaden von Bahnstrecken oder Autobahnen seien denkbar, um die Ankunft von Asylwerbern zu verhindern.

Einen solchen Anschlag hat die bayerische Polizei möglicherweise jetzt verhindert. In Bamberg wurden am Mittwoch drei Männer verhaftet, sie alle sind Mitglieder der neonazistischen Partei "Die Rechte" – in ihren Wohnungen wurden massenhaft Feuerwerkskörper, eine Schusswaffe und weitere gefährliche Gegenstände gefunden. Möglich ist, dass die drei damit während einer Demonstration vor dem Bamberger Flüchtlingsheim einen Anschlag verüben wollten – denn für 31. Oktober ist dort ein solcher Protest angemeldet.

"Katalysierende Wirkung"

Ob es zwischen der wachsenden Zahl derartiger Demonstrationen und rassistisch motivierten Übergriffen einen Zusammenhang gibt, hat übrigens auch das BKA beschäftigt. Direkt ableiten will die Behörde das eine vom anderen zwar nicht, aber dennoch: Die öffentliche Hetze, die bei fremdenfeindlichen Demonstrationen wie jenen von Pegida zu hören ist, kann durchaus "katalysierende Wirkung" haben, urteilt die Behörde. Und diese Wirkung wächst natürlich, je mehr Menschen zu den Veranstaltungen kommen – momentan sind das nicht allzu wenige: Beim jüngsten "Montagsspaziergang" von Pegida in Dresden waren 20.000 Menschen dabei (der KURIER berichtete).

Der Zulauf ist aber auch Spiegel der Verunsicherung in der Bevölkerung, die der Politik nicht mehr gänzlich vertraut. Denn bereits 54 Prozent der Deutschen bereitet die Entwicklung der Flüchtlingssituation mittlerweile "große Sorgen", so der Sukkus einer kürzlich durchgeführten Allensbach-Studie – im August waren es nur 40 Prozent gewesen. Politisch nützen kann dies vor allem die AfD, die auf Angst-Politik und Abschottung setzt. Die Umfragewerte der rechtspopulistischen Partei sind auf 7,5 Prozent geklettert – und im Osten versucht man jetzt, auch auf der Straße auf Stimmenfang zu gehen. Thüringens AfD-Landeschef Björn Höcke veranstaltet in Erfurt seit Kurzem jeden Mittwoch Demos im Pegida-Stil. Damit hat er sich zwar den Unmut der moderateren Parteiführung eingehandelt – so manche Wählerstimme ist ihm damit aber gewiss.

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