Flüchtlinge: Welche Bildung haben sie wirklich

Flüchtlinge: Welche Bildung haben sie wirklich
Ein Studie in Deutschland macht die starke Polarisierung zwischen sehr guter und mangelhafter Ausbildung unter den Geflüchteten deutlich.

Das Bildungsniveau von Flüchtlingen gab bisher eher Anlass zu Spekulationen, verlässliche Aussagen waren Mangelware. Von ausgebildeten Zahnärzten oder Universitätsprofessoren war in Berichten über Geflüchtete ebenso die Rede wie von Menschen, die nie eine Schule von innen gesehen hätten.

Nun versucht eine groß angelegte Studie des deutschen Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung des Forschungszentrums für Migration und Flüchtlinge und des Sozio-ökonomischen Panels am DIW Berlin das Thema auf ein wissenschaftlich verlässliches Fundament zu stellen. Mit Ergebnissen, die auf der Befragung von 2300 Flüchtlingen basieren. Das ist freilich nur der erste Teil, 4500 sollen es am Ende der Studie sein.

Was sich in Sachen Bildung deutlich abzeichnet, ist eine Kluft zwischen guter auf der einen und so gut wie gar keiner Schulbildung auf der anderen Seite. 37 Prozent der erwachsenen Geflüchteten gaben an, eine weiterführende Schule besucht und 32 Prozent einen weiterführenden Schulabschluss zu haben. Die Macher der Studie interpretieren das so, dass der überwiegende Teil der Absolventen dieser weiterführenden Schulen Abschlüsse besitzt, die in der Regel einer Hochschulzugangsberechtigung entsprechen dürften – sprich Maturaniveau.

31 Prozent gaben an, Mittelschulen besucht zu haben (22 Prozent kamen zu einem Abschluss), wo sie durchschnittlich 10 Schuljahre verbrachten. Fünf Prozent hätten sonstige Schulen besucht.

Keine Schule besucht

Auf der anderen Seite ergab die Studie, dass zehn Prozent der befragten Flüchtlinge nur eine Grundschule absolviert und neun Prozent gar keine Schule besucht haben.

Natürlich mussten viele auf Grund von Krieg und Verfolgung ihre Ausbildung unterbrechen. Ethnische Minderheiten wie Roma (Westbalkan) oder Jesiden (Irak und Syrien) standen zudem vor dem Problem, dass ihnen auf Grund ihrer Herkunft oft der Zugang zu Bildungseinrichtungen erschwert wurde. Bei den Syrern ist das Bildungsniveau dagegen vergleichsweise hoch, da der Zugang zum Schulsystem bis zum Ausbruch des Bürgerkriegs gewährleistet war.

Flüchtlinge: Welche Bildung haben sie wirklich

Einen Hochschulabschluss haben laut der Studie 13 Prozent der Geflüchteten, 12 Prozent eine betriebliche Ausbildung. In den betroffenen Ländern werden viele betriebliche, kaufmännische aber auch technische Berufe ohne geregelte Ausbildung ausgeübt. Das Know-how bekamen sie am Arbeitsplatz, einen zertifizierten Abschluss haben sie aber nicht vorzuweisen.

Bild in Wien

Ein ähnliches Bild zeigt sich übrigens auch für Österreich. Laut einer Umfrage, die in Wiener Flüchtlingsunterkünften durch das Wittgenstein Center for Demography and Global Human Rights durchgeführt wurde (wobei hier 514 Flüchtlinge befragt wurden), haben 26 Prozent ein Bildungsniveau, das Maturaniveau entspricht – auf der anderen Seite kamen 52 Prozent der Befragten nicht über einen Grundschulabschluss nicht hinaus. Vor allem Asylwerber aus Afghanistan hinken diesbezüglich hinterher.

Die Studie in Deutschland macht aber auch deutlich, dass unter den Asylwerbern der Wunsch groß ist, einen allgemeinbildenden Schulabschluss in ihrer neuen Heimat zu machen (46 Prozent). 23 Prozent streben sogar einen akademischen Abschluss an. Allerdings sehen die Prioritäten so aus, dass man zunächst eine Arbeit finden und erst dann studieren will.

Ein Hindernis für ein Mehr an Bildung ist die fremde Sprache. Zum Zeitpunkt ihres Zuzugs nach Deutschland konnten 90 Prozent kein Deutsch. Von jenen, die bereits zwei Jahre oder länger in Deutschland verbracht haben, gaben 32 Prozent an, die Sprache gut oder sehr gut zu beherrschen, 37 Prozent zumindest mittelmäßig.

Kosten der Flucht

Befragt wurden die nach Deutschland Gereisten übrigens auch nach den Kosten für ihre Flucht. Diese betrugen – ausgehend vom Herkunftsland – rund 7000 Euro; davon gingen knapp über 3000 Euro an Fluchthelfer bzw. Schlepper. Den höchsten Preis hatten Flüchtlinge aus Afghanistan und Pakistan mit über 12.000 Euro zu bezahlen, bei Irakern, Iranern, Libanesen und Palästinensern waren es durchschnittlich 11.300 Euro, 5.500 Euro bei Flüchtlingen aus Syrien.

Ein Viertel der Befragten wurde während ihrer Flucht Opfer von Schiffbruch. Aber auch von anderen Bedrohungen und Gefahren wird häufig berichtet: So sind zwei Fünftel Opfer körperlicher Übergriffe geworden, ein Fünftel von Raubüberfällen und 15 Prozent der weiblichen Geflüchteten berichten von sexuellen Übergriffen. Mehr als die Hälfte wurde durch wirt­schaftlichen Betrug geschädigt, gut ein Viertel wur­de erpresst.

Rollenverständnis

Interessant auch was die Studie zum Thema Rollenverständnis bei Männern und Frauen ergab. 92 Prozent der befragten Flüchtlinge erklärten, dass Männer und Frauen die gleichen Rechte haben sollten – und damit ist man sich einig mit den Deutschen. Nur wenn eine Frau mehr Geld verdient als der Mann, dann hätten 29 Prozent der Geflüchteten ein Problem.

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