Klaus Bouillon – Büroadresse Flüchtlingsheim

Klaus Bouillon: Ein Übererfüller, der nicht alles durchgehen lässt.
Das Saarland gilt als Musterland in der Flüchtlingsfrage. Wieso? Eine Antwort darauf heißt Klaus Bouillon.

Das Markanteste an ihm ist wohl seine Stimme. Etwas monoton, fast immer in der selben Höhe, mit einer ganz eigenen Färbung. Aber vor allem: immer bedächtig.

Klaus Bouillon sagt in dieser Tonlage oft Sätze, die unangenehm, vielleicht sogar populistisch klingen. „Es gibt ungeordnete Asylströme nach Deutschland“ etwa. Oder: „Lawinen haben nicht die Angewohnheit auf halbem Wege still zu stehen und Vernunft anzunehmen.“

Der letzte Satz stammt von Erich Kästner, und mit ihm hält es der 67-jährige Bouillon auch: Der CDU-Politiker ist gern Kritiker, aber höchst ungern Ideologe. Vor allem in der Flüchtlingsfrage.

„De Könisch“

Seit einem Jahr ist der 67-Jährige erst im Amt, als Innenminister von Deutschlands kleinstem Bundesland. Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer holte den Bürgermeister von St. Wendel damals überraschend in ihr Kabinett; er sollte mehr Bodenständigkeit ins Amt bringen, mit seinen 31 Jahren als Bürgermeister. Der Schritt war ein kleines Versprechen, denn Bouillon , „De Könisch von St. Wendel“, umwehte ein Hauch von Legende: Er war der erfolgreichste Gemeindepolitiker des Landes, der es bei Wahlen auf mehr als 80 Prozent brachte – und gegen den die SPD zeitweise nicht mal mehr einen Gegenkandidaten nominierte.

Ob er es landesweit auch auf solche Wahlerfolge bringen würde, ist natürlich ungewiss. Einen Bekanntheitsgrad in dieser Höhe aber hat er bereits jetzt – und das auch weit über die Landesgrenzen hinaus. Denn sein Bundesland ist ein Übererfüller: Allein im September hat das Saarland etwa 5.700 Menschen aufgenommen, um 1.700 mehr als es nach dem Verteilsystem der Länder aufnehmen müsste. Der Grund? Weil man den anderen Ländern helfen will – und weil man es kann.

Der Fluch der guten Tat

Dass im Saarland gut gearbeitet wird, hat sich mittlerweile auch bis zu den Flüchtlingen herumgesprochen. Weil die Bearbeitungszeiten deutlich kürzer als anderswo sind, kommen auch mehr. „Der Fluch der guten Tat“, nannte es Bouillon mal in einem Interview, denn auch hier hat er nachgeholfen: Im Sommer zog er, statt seinen Urlaub anzutreten, kurzerhand in ein Flüchtlingsheim. In seinem neuen Büro-Container in der Erstaufnahmestelle Lebach – einem Ort mit 20.000 Einwohner, der zuweilen bis zu 4000 Flüchtlinge beherbergte – hat er dann vor allem zwei Dinge gemacht: zusehen und handeln. Er tauschte die ehrenamtlichen Strukturen durch professionelle Helfer, erhöhte so die Antrags-Bearbeitungszahl von 70 auf 490; zudem verpflichtete er die Bundeswehr für Transporte. „Ich war früher Feldjäger. Damit eine so große Landesaufnahmeeinrichtung funktionieren kann, muss sie militärisch straff geregelt sein“, erklärte er dazu mal. Dazu gehören auch klare Regeln: Dass es Flüchtlinge gibt, die Frauen aus religiösen Gründen nicht die Hand geben und sich weigern, sich von ihnen unterrichten zu lassen, das gehe einfach nicht. Da ist kein Platz Sozialromantik. „Integration bedeutet, keine Toleranz gegenüber Intoleranz“, sagt Bouillon gern.

Dass das auch für intolerante Deutsche gilt, hat der Saarländer erst kürzlich klargemacht. Als er bei Günther Jauch dem AfD-Mann Björn Höcke gegenübersaß, der seine Aussagen für seine rechtspopulistische, völkisch angehauchte Politik nutzen wollte, platzte ihm der Kragen. „Wollen Sie mich verarschen?“, sagte er lautstark und unter Applaus der Zuschauer.

Da war seine Stimme einmal nicht bedächtig.

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