Fischer-Besuch in Zeiten der Pleitegefahr

Der Bundespräsident reist am Sonntag mit einer Delegation nach Lateinamerika. Zu Beginn besucht er das krisengeschüttelte Argentinien.

Am Sonntag beginnt Bundespräsident Heinz Fischer seine Lateinamerika-Reise mit einem Besuch in Argentinien. Im Schlepptau hat er zwei Minister, zwei Staatssekretäre und Vertreter von 47 Firmen. Für sie ist es eine Marktsondierungsreise. In Argentinien liegt derzeit jedoch vieles im Argen – politisch wie ökonomisch.

Noch immer hängt die Wirtschaftskrise samt Staatspleite von 2001 nach. Das Land hatte sich zwischenzeitlich gut erholt, mit einem Wachstum von rund sieben Prozent. Heuer sprechen die Zahlen eine andere Sprache. Die Wirtschaft ist erneut eingebrochen. Die Ratingagentur Fitch hat die Kreditwürdigkeit des Landes um gleich fünf Stufen gesenkt und sieht eine neue Pleitegefahr.

Ein Grund dafür ist der erbitterte Rechtsstreit von Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner, Witwe und Nachfolgerin Nestor Kirchners, mit Hedgefonds um die Begleichung alter Schulden (siehe Kasten) . Zudem wurden Investoren durch Importbeschränkungen und die Teilverstaatlichung des größten Energiekonzerns, der von der spanischen Repsol kontrolliert wurde, abgeschreckt.

„Unprofessionell“

„Diesen Schritt hat die Regierung wirklich schlecht gemacht, schnell und unprofessionell. Argentinien steht jetzt als Land da, dem man nicht vertrauen kann“, meint Mariana Llanos vom Hamburger Giga-Institut für Lateinamerika-Studien. „Die Gewerkschaft wünscht sich Nestor Kirchner zurück. Er war ein Verhandler, seine Frau geht immer auf Konfrontation.“

Dass sich Investoren abschrecken lassen, hofft Josef Hofer von der Wirtschaftskammer nicht. Er hat sieben Jahre in Argentinien gelebt und begleitet die Delegation. Hofer glaubt weiter an gute Geschäfte: „Das wirtschaftliche Umfeld ist heuer sicher schwieriger geworden. Das kann sich in Argentinien aber wieder in kürzester Zeit ändern, manchmal mit einem Federstrich der Präsidentin.“

Was den Menschen unter den Nägeln brennt, ist die hohe Inflation von bis zu 25 Prozent, die von der Regierung verschleiert wird. Wer an Devisen herankommt, entscheidet die Steuerbehörde. Gespart werden soll nur noch in Pesos, die den Menschen zwischen den Fingern zerrinnen.

Hinzu kommt die wachsende Unzufriedenheit mit Kirchner, die seit dem Tod ihres Mannes 2010 nur mehr Schwarz trägt. Seit ihrer Wiederwahl im Vorjahr – erkauft mit teuren Wahlzuckerln – hat sie an Popularität eingebüßt. Ihr Versuch, Druck auf die Justiz auszuüben, die geplante Verfassungsänderung für eine dritte Amtszeit und ihre Machtansprüche trieben die Argentinier zuletzt auf die Straßen. „Das war Ausdruck einer allgemeinen Unzufriedenheit. Die Regierung wollte den Protest ignorieren, doch allein die Größe der Demonstrationen im ganzen Land war ein Schock für sie “, sagt Llanos.

Argentinien: Boom durch Umschuldung

Rechtsstreit: Das Zauberwort, auf dem Argentiniens Wachstum nach der Krise beruhte, lautete Umschuldung. Präsident Kirchner überzeugte die meisten Gläubiger von einem Schuldenverzicht. Die Hedgefonds NML Capital und Aurelius aber hatten nach Argentiniens Bankrott fast wertlose Staatsanleihen gekauft und klagten vor einem US-Gericht auf die gesamte Rückzahlung der Schuld (1,3 Mrd. Dollar). Sie bekamen recht, Argentinien ging in Berufung.

Folgen: Andere Gläubiger dürfen erst bezahlt werden, wenn auch die Kläger das Geld erhalten. Zahlungsunfähigkeit steht im Raum. Im Dezember wäre die nächste Rückzahlungsrate fällig. Sind die Altschulden dann nicht bezahlt, könnte gepfändet werden.

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Proteste gegen die Präsidentin

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