Notare fordern Hürden für Briefkastenfirmen

Dr. Michael UMFAHRER, Notar, 1090 Wien, Währinger Straße 2-4 , stehend
EU-Richtlinie: Eine strengere Regelung soll kommen.

Derzeit sind Unternehmen nicht in allen EU-Staaten verpflichtet, sich dort zu registrieren, wo sich die Hauptverwaltung – und damit das operative Geschäft – befindet. Diese Niederlassungsfreiheit ermöglicht die berüchtigten Briefkastenfirmen, die oft nur zwecks Umgehung bestimmter Vorschriften, etwa Arbeitnehmerrechte oder Abgaben, gegründet werden. Ein Beispiel dafür ist die deutsche Fluglinie Air Berlin, die ihren statutarischen Firmensitz (Satzungssitz) nach Großbritannien verlegt hat, um deutsche Vorschriften zur Arbeitnehmermitbestimmung auszuhebeln.

Die heimischen Notare fordern die EU-Kommission nun zu strengeren und vor allem einheitlichen Regeln bei Firmensitzverlagerungen auf. Die Niederlassungsfreiheit sei in Zusammenhang mit der Rechtsflucht bei Briefkastenfirmen nur noch schwer argumentierbar, meint Michael Umfahrer, Präsident der Österreichischen Notariatsakademie, zum KURIER. „Satzungssitz und Verwaltungssitz eines Unternehmens müssen eine Einheit sein.“ Ein Problem seien auch die unterschiedlichen Registrierungsstandards bei Firmengründungen. Die Notare fordern daher eine rasche Umsetzung der seit Jahren diskutierten EU-Sitzverlegungsrichtlinie. Jede Verlagerung eines Firmensitzes sollte zuvor auf Rechtmäßigkeit überprüft werden müssen. Ein eigenes Verfahren soll die Ansprüche von Arbeitnehmern, Konsumenten oder Gläubigern sicherstellen.

Billig-GmbH

Für „völlig unnötig“ hält Umfahrer in diesem Zusammenhang die geplanten Erleichterungen bei der GmbH-Gründung in Österreich. So ist künftig nur noch ein Mindest-Stammkapital von 10.000 Euro erforderlich, wovon 5000 Euro sofort einbezahlt werden müssen.

„Bei einer derart niedrigen Gründungshürde wird dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet“, glaubt der Notar und verweist auf die vielen Scheingründungen in der Baubranche. Ferner könnten alle alten GmbHs steuerfrei ihr Stammkapital reduzieren, wodurch das jährliche Aufkommen der Mindest-Körperschaftssteuer um 50 Millionen Euro sinke.

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