Fillon verliert laut Umfrage Favoritenrolle
Der massiv unter Druck stehende französische Konservative Francois Fillon hat laut einer Umfrage seine Favoritenrolle für die Präsidentschaftswahl verloren. Der konservative Kandidat käme derzeit im ersten Wahlgang auf 19 bis 20 Prozent der Stimmen und würde damit nicht in die entscheidende Stichwahl einziehen, so die am Mittwoch veröffentlichte Studie des Instituts Elabe.
Fillon habe damit innerhalb von vier Wochen 5 bis 6 Prozentpunkte verloren. Die Umfrage im Auftrag der Zeitung "Les Echos" und des Senders Radio Classique sieht derzeit die Rechtspopulistin Marine Le Pen (26-27 Prozent) und den unabhängigen Bewerber Emmanuel Macron (22-23 Prozent) als Finalisten der Wahl. Bisher hatten Umfragen eine Stichwahl Fillon-Le Pen erwarten lassen, in der Fillon dann klar vorne gelegen hätte.
Die französische Justiz prüft seit vergangener Woche Vorwürfe der Scheinbeschäftigung im Zusammenhang mit der Tätigkeit von Fillons Frau als parlamentarische Mitarbeiterin und bei einer Zeitschrift, die einem Vertrauten Fillons gehört.
Der massiv unter Druck stehende Präsidentschaftskandidat wies die gegen ihn erhobenen Vorwürfe am Mittwoch als organisierten Angriff der Linken zurück. Der Konservative habe bei einem Treffen mit Abgeordneten seiner Republikaner-Partei von einem "institutionellen Staatsstreich" gesprochen, hinter dem die Linke stehe, erklärte sein Sprecher Thierry Solere vor Journalisten. Man versuche, seine Kandidatur zu verhindern: "Man will die Franzosen daran hindern, diese demokratische Wahl zu treffen."
Schwere Vorwürfe
Francois Fillon galt lange als haushoher Favorit für die Präsidentschaftswahl in Frankreich - doch durch eine Scheinbeschäftigungs-Affäre ist der konservative Politiker unter enormen Druck geraten. Ein Überblick über die Vorwürfe, die Ermittlungen und mögliche Folgen:
Fillon bezahlte seine Ehefrau Penelope in seiner Abgeordnetenzeit jahrelang als parlamentarische Mitarbeiterin. Als Fillon 2002 Minister wurde, übernahm sein Nachfolger in der Nationalversammlung sie als Assistentin. Laut der Enthüllungszeitung "Le Canard Enchaine" verdiente Penelope Fillon, spöttisch "Miss Moneypenny" genannt, in insgesamt rund 15 Jahren genau 831.440 Euro aus Staatsgeldern - ohne wirklich gearbeitet zu haben.
Weitere 100.000 Euro soll sie 2012 und 2013 als Mitarbeiterin des Magazins "Revue des Deux Mondes" verdient haben, das einem Freund Fillons gehört. Der Magazinbesitzer spricht von einer "informellen strategischen Reflexion" - der damalige Direktor der Publikation hält das für abwegig.
Nach den ersten Enthüllungen des Canard Enchaine über seine Ehefrau sagte der fünffache Vater selbst in einem Fernsehinterview, als Senator habe er zwei seiner Kinder beschäftigt: Er habe sie als Anwälte wegen "ihrer Kompetenzen" für "präzise Missionen" bezahlt. Das Problem: Beide waren zu dieser Zeit - zwischen 2005 und 2007 - noch gar keine Anwälte.
Der "Canard Enchaine" schreibt zudem, Sohn und Tochter Fillon seien keineswegs für "präzise Missionen" angeheuert, sondern nacheinander als parlamentarische Mitarbeiter eingestellt worden. Zusammen verdienten sie demnach in knapp zwei Jahren rund 84.000 Euro. Was genau sie für Aufgaben übernahmen, ist bisher unklar. Der Sohn studierte nebenbei Jura.
Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen ein
Die nationale Finanzstaatsanwaltschaft leitete nach den ersten Enthüllungen Vorermittlungen ein, unter anderem wegen des Verdachts der Veruntreuung öffentlicher Mittel. Denn Abgeordnete dürfen in Frankreich zwar Familienmitglieder als parlamentarische Mitarbeiter beschäftigen. Illegal ist aber eine Scheinbeschäftigung - also eine Bezahlung ohne Gegenleistung.
Im Zuge der Ermittlungen wurden bereits das Ehepaar Fillon und eine Reihe weiterer Zeugen befragt. Polizisten haben zudem in der Nationalversammlung Dokumente gesichert, um den Vorwurf der Scheinbeschäftigung zu prüfen. Bisher geht es dabei nur um Fillons Ehefrau, nicht um seine Kinder.
"Penelope-Gate" bedroht inzwischen sogar die Präsidentschaftskandidatur Fillons. Der 62-Jährige hat einen Verzicht auf seine Kandidatur angekündigt, sollte ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet werden - sollte er also formell einer Straftat beschuldigt werden. Fillon hat sich überzeugt gezeigt, dass die Justiz ihn von allen Vorwürfen reinwaschen wird.
Doch neben der juristischen Bewertung gibt es auch eine politische Dimension: Der Imageschaden für den selbsterklärten Saubermann ist jetzt schon gewaltig. Seine Zustimmungswerte schwinden, laut einer Umfrage halten drei Viertel der Franzosen seine Angaben für nicht überzeugend.
Vollkommen offen ist, wer Fillon bei einem Verzicht auf eine Kandidatur ersetzen könnte. Weniger als drei Monate vor der Präsidentschaftswahl wäre eine neue Kandidatensuche für die konservativen Republikaner eine Katastrophe.
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