EU-Förderungen an Oligarchen: Ermittlungen gegen Premier der Slowakei

Korruptionsaffären, Missbrauch von EU-Geldern, Untergraben des Rechtsstaates: Der slowakische Regierungschef Robert Fico hat in den vielen Jahren seiner Amtszeiten mit einer Reihe von Skandalen Schlagzeilen gemacht.
Jetzt haben Affären und Vorwürfe ein derartiges Ausmaß erreicht, dass das EU-Parlament die Regierung in Bratislava genauer ins Visier nimmt. Gleich zwei Delegationen waren in den vergangenen Tagen in der Slowakei, um in Gesprächen, mit Behörden, aber auch der Opposition und Menschenrechtsgruppen Näheres zu erfahren.
Im Brennpunkt: Der mögliche Missbrauch von Millionen an EU-Förderungen für die privaten Villas von Oligarchen aus dem Umfeld von Fico, aber auch dessen brutales Vorgehen gegen Anti-Korruptionsermittler, NGOs und unabhängige Medien.
EU-Abgeordnet vom Geheimdienst beschattet
Der populistische Premier wehrt sich gegen die Kontrolle mit allen Mitteln. So beschuldigte er den Leiter der ersten Delegation - entsandt vom Haushaltsausschuss des EU-Parlaments - offen die "schmutzige Arbeit der Opposition" zu leisten und ein "Auftragskiller" zu sein. Dieser, der tschechische EU-Parlamentarier, Tomas Zdechovsky, ging umgehend in die Gegenoffensive und wandte sich in einem offenen Brief direkt an die Präsidentin des EU-Parlaments, Roberta Metsola.
Darin warf er der hochrangigen Vertretern der Fico-Regierung vor, die Delegation politisch und Druck gesetzt und bedroht zu haben, außerdem seien die EU-Abgeordneten während ihrer Gespräche mit Regierungskritikern vom slowakischen Geheimdienst überwacht worden.
EU-Millionen für Privatvilla eines Oligarchen
Der aktuelle Fall, der im Zentrum der Ermittlungen durch das EU-Parlament steht, ist tatsächlich brisant und könnte schwere finanzielle Konsequenzen für die Slowakei haben. Slowakische Medien berichten seit Wochen über die sogenannte "Hacienda", oder "Gasthaus"-Affäre, den mutmaßlichen Missbrauch von EU-Förderungen. So seien rund 60 Millionen an Förderungen, die eigentlich für die touristische Entwicklung wirtschaftlich schwacher Regionen in der Slowakei gedacht waren, für den Bau von privaten Villen und Chalets slowakischer Geschäftsleute missbraucht worden. Hauptverdächtiger ist der slowakische Unternehmer Norbert Bödör - in den Medien meist als Oligarch bezeichnet - für dessen Villa offensichtlich das meiste Geld aufgewendet wurde.
Bödör war bereits mehrfach in Skandale rund um Fico verwickelt, steht aber auch in Kontakt mit bereits wegen Verbrechen bis hin zum Mord verurteilten Geschäftsleuten. Ehemals Betreiber eines Sicherheitsdienstes ist Bödör im Laufe der Amtszeiten Robert Ficos durch Staatsaufträge reich geworden.
Attacken gegen Anti-Korruptions-Ermittler
Fico musste 2020 zurücktreten, nachdem Massenproteste gegen ihn und seine Regierung das Land über Wochen in den Ausnahmezustand versetzt hatten. Auslöser war die Ermordung eines Journalisten, der ebenfalls wegen des Missbrauchs von EU-Fördergeldern für ländliche Gebiete ermittelt hatte, viele Spuren führten zum Premier. Als Fico im Jahr 2023 mit seiner Partei SMER die Parlamentswahlen gewann und ein Comeback als Regierungschef feierte, setzte er als Erstes eine dramatische, personelle Schwächung der staatlichen Anti-Korruptionsbehörden und eine ebenso dramatische Absenkung der Strafen für Korruption durch.
Für den EU-Abgeordneten Daniel Freund, Mitglied in beiden Delegationen, sind solche Maßnahmen, ein Grund, "um sich erhebliche Sorgen über das Funktionieren des Rechtsstaates in der Slowakei zu machen", aber auch über "den korrekten Umgang mit EU-Geldern". Nach den Gesprächen in Bratislava sieht Freund die Entwicklung noch dramatischer. Die slowakischen Anti-Korruptions-Ermittler seien so geschwächt worden, dass sie ihre Arbeit quasi gar nicht mehr machen könnten: "Es ist höchste Zeit, dass die EU massiv Druck auf die Regierung in Bratislava macht, um ein weiteres Zerschlagen des Rechtsstaates und den mutmaßlichen Missbrauch von EU-Geldern zu stoppen."
Kommentare