Experte nennt 5 Thesen, wie es im Ukraine-Krieg weitergehen könnte
Die russische Invasion in der Ukraine läuft offensichtlich nicht ganz wie geplant. Dafür gibt es immer mehr Anzeichen. Es dürften sogar vier hohe Kommandanten gefallen sein, erzählte Oberst Markus Reisner, Leiter der Entwicklungsabteilung der Theresianischen Militärakademie, im Gespräch mit der APA am Mittwoch. Er hat fünf Thesen aufgestellt, wie es nun weitergehen könnte.
- Szenario eins ist ein kurzer und intensiver Krieg, der verheerende Verluste mit sich bringen würde.
- Szenario zwei ist ein langer Abnützungskrieg, wenn beide Seiten es nicht schaffen, eine Entscheidung herbeizuführen.
- Das dritte Szenario wäre eine diplomatische Lösung, die er nicht ausschließt. Ein Kompromiss setze allerdings voraus, dass beide etwas haben, das sie anbieten können, analysiert Reisner.
- Variante vier ist eine Eskalation, bei der sich der Krieg überregional ausweitet und weitere Länder wie etwa Moldau hineingezogen werden.
- Das fünfte Szenario wäre der "Tyrannenmord" Wladimir Putins. Das hält Reisner aber für sehr unwahrscheinlich, weil das in Russland keine Tradition habe. Die Russen seien in der Vergangenheit in Krisen immer zusammengerückt.
Ukraine wird offenbar von USA mit Informationen unterstützt
Die ursprüngliche Idee der Russen, in ein bis drei Wochen ihre "Militäroperation" durchzuziehen, sei jedenfalls nicht geglückt. Von diesem Ziel sei man Ende der zweiten Woche noch weit entfernt. "Der Enthauptungsschlag in Kiew durch eine Luftlandung hat nicht geklappt, das hat alles verändert. Die Versorgungswege der Russen werden ständig überfallen und müssen nun mühsam gesichert werden. Und der Widerstand der Ukrainer ist viel stärker als erwartet", so Reisner.
Der Widerstand der Ukrainer sei aber nicht zuletzt deswegen so erfolgreich, weil sie massive Unterstützung durch die USA bekommen, etwa im Bereich der Aufklärung, so Reisner. "Es scheint, dass die Russen Probleme mit ihrer sicheren Kommunikation haben, was die Koordination weiter erschwert." Dazu kommt, dass der Einsatz der russischen Luftwaffe unter dem Mangel an Präzisionsmunition leidet. Das zwingt die Russen zu Angriffen auf niedriger Höhe was wiederum das Abschießen leichter mache.
Russen verloren bereits vier Kommandanten
Die Verluste der Russen und der Ukrainer stehen in einem Verhältnis drei zu eins. Das sei allerdings die Norm, der Angreifer habe in der Regel immer höhere Verluste, so Reisner. Die Russen haben offenbar auch vier hohe Kommandanten verloren: Zwei Generäle, einen Regiments- und einen Brigadekommandanten. Die Generäle sollen von ukrainischen Scharfschützen eliminiert worden sein.
Die Russen setzen allerdings nicht ihr ganzes Waffenarsenal ein, wenn sie das täten, würden noch viel mehr ukrainische Zivilisten sterben. Gut möglich, dass die Russen ihre Präzisionswaffen nicht einsetzen, weil sie sie für eine eventuelle Eskalation aufheben. So würden etwas Mehrfachraketenwerfen nur an Stadträndern und gegen militärische Ziele eingesetzt. Damit werde nicht massiv in die Städte hineingeschossen, erklärt Reisner.
"Auf der anderen Seite denke ich, dass sich die Ukrainer genau auf das vorbereitet haben, was sie tun und zwar durch gute Beratung. Der Kampf entlang der Versorgungsrouten ist zu gut koordiniert, um spontan zu sein", so Reisner. Was die Lieferung polnischer Mig-29-Jets an die Ukraine betrifft, sieht Reisner viele offene Fragen: "Wo werden diese betankt und bewaffnet? Wo kommen die Bomben her?"
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