Ex-Präsident Sarkozy in der Zelle statt im Stadtpalais

Von Simone Weiler aus Paris
Die Umstellung wird hart sein. Bis jetzt wohnte der französische Ex-Präsident Nicolas Sarkozy mit seiner Frau, Sängerin und Ex-Model Carla Bruni, und ihrer gemeinsamen Tochter Giulia in einem großzügigen Stadthaus in einem der exklusivsten Viertel im Südwesten von Paris.
Ab Dienstag jedoch muss der 70-Jährige sein komfortables Zuhause mit einer Zelle von rund neun Quadratmetern im öffentlichen Gefängnis "La Santé" eintauschen. Ein ehemaliger Staatschef hinter Gittern – das ist beispiellos in der jüngeren Geschichte des Landes.
Ende September war Sarkozy im sogenannten Libyen-Prozess zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren verurteilt worden. Das Gericht befand ihn schuldig, Teil einer kriminellen Vereinigung gewesen zu sein. Demnach nahm er im Vorfeld seiner siegreichen Wahl 2007 über Mittelsmänner mehrere Millionen Euro vom damaligen libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi an. Wegen der besonderen Schwere seiner Schuld ordneten die Richter eine "sofortige Vollstreckung“ des Urteils noch vor dem Berufungsprozess an. In Frankreich wird diese Praxis bei 85 Prozent aller Verurteilten angewendet.
Seine drei Söhne organisieren noch am Dienstagmorgen eine Unterstützungsaktion. In den vergangenen Tagen traf sich der Ex-Präsident mit zahlreichen Politikern aus seinem konservativen Lager, sogar Präsident Emmanuel Macron empfing ihn im Élysée-Palast
Todesstrafe mit Guillotine
Sarkozy, der stets seine Unschuld beteuert hat, verkündete, er gehe "mit aufrechtem Haupt“ ins Gefängnis. Die Haftanstalt "La Santé“ befindet sich seit ihrer Eröffnung 1867 im ehemaligen Künstlerviertel Montparnasse. Bis 1977 wurde dort noch die Todesstrafe mit der Guillotine vollstreckt.
In den letzten Jahren ist das Gebäude umfassend renoviert worden. Sarkozys Zelle liegt in einem abgesonderten Teil im ersten Stock – auch "VIP-Bereich“ genannt. Hier sitzen Prominente ein, aber auch Mitglieder der Polizei oder Angehörige rivalisierender Banden, die einen besonderen Schutz vor anderen Inhaftierten erhalten. Berühmte Insassen waren der frühere Geschäftsmann und Politiker Bernard Tapie, der Skandal-Banker Jérôme Kerviel sowie Sarkozys einstiger Minister Claude Guéant, der nun erneut mit ihm verurteilt wurde.
Fünf Jahre Haft wegen "außerordentlicher Schwere" der Tat, lautet das Urteil im Prozess um Wahlkampfgelder aus Libyen. Der 70-jährige Ex-Präsident legte Berufung ein. Nicolas Sarkozy war bereits in zwei anderen Fällen verurteilt worden, einmal davon rechtskräftig. 2024 wurde er in einem weiteren Fall wegen illegaler Wahlkampffinanzierung bei seiner gescheiterten Wiederwahlkampagne 2012 schuldig gesprochen und zu einem Jahr Haft, davon sechs Monate auf Bewährung, verurteilt. Er ging in Berufung. Nach einer anderen Verurteilung wegen Korruption musste er etwas mehr als drei Monate lang eine elektronische Fußfessel tragen.
Drei Besucher pro Woche
Ausgestattet sind die Zellen mit einem Bett, einem Schreibtisch, einer Herdplatte, einem eigenen Badezimmer mit Toilette und Dusche sowie einem Festnetztelefon. Einen Kühlschrank kann man für den Preis von 7,50 Euro pro Monat mieten, einen Fernseher für 14,50 Euro monatlich. Telefonieren darf Sarkozy unbegrenzt, allerdings nur mit vorher geprüften Nummern. Abgesehen von bis zu drei Besuchen pro Woche wird der frühere Staatschef isoliert sein.
Diese Bedingungen sind nicht luxuriös, aber deutlich besser als für viele andere Häftlinge in Frankreich, die sich meist eine Zelle zu zweit teilen. Die französischen Gefängnisse sind derart überfüllt, dass tausende Inhaftierte zudem auf Matratzen am Boden schlafen müssen.
Auch stehen dem Ex-Staatschef ein Sportsaal und eine Bibliothek zur Verfügung. Er wird keine Runden im Hof an der Seite von gewöhnlichen Verbrechern drehen. Stattdessen erhält er einen eigenen Mini-Außenbereich, was aber nicht verhindern kann, dass Insassen ihn sehen fotografieren oder gar auspfeifen.

Außenansicht des "La Santé“ in Montparnasse.
Vorzeitige Entlassung?
Sein Freund Patrick Balkany riet ihm deshalb in einem Interview, gar nicht erst rauszugehen. Der frühere Bürgermeister der Pariser Vorstadt Levallois-Perret saß nach Verurteilungen wegen Steuerbetrugs in mehreren Gefängnissen ein. "Die Isolation und das Leben in Haft sind schwer“, so Balkany. Doch Sarkozy werde nicht lange bleiben. "Bis er sich daran gewöhnt hat, wird er schon wieder frei sein.“ Davon ist auszugehen, denn ab dem ersten Hafttag können seine Anwälte einen Antrag auf vorzeitige Entlassung bei der Strafberufungskammer stellen, die innerhalb von zwei Monaten eine Entscheidung fällt.
Hauptkriterien sind das Risiko von Flucht, einer Wiederholungstat oder der Ausübung von Druck auf andere Zeugen im Vorfeld des Berufungsprozesses. Das gilt jeweils als gering. Auch Sarkozys elektronische Fußfessel, die er seit Jahresbeginn nach der Verurteilung in einem Korruptionsprozess erhielt und mit der er zum Libyen-Prozess erschien, trug er letztlich nur wenige Monate, obwohl er zu einem Jahr Hausarrest verurteilt worden war. Sein Alter kam ihm dabei entgegen: Die Strafe wurde verkürzt, da er über 70 Jahre alt ist.
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