Südkorea evakuierte Inseln nach 200 Schüssen aus Nordkorea

Südkoreanische Marinesoldaten am 5. Januar 2024.
Als "präventive Maßnahme" betitelt Südkorea die Evakuierung der Inseln nahe Nordkorea. Schäden gab es keine. Südkorea reagierte mit Gegenbeschuss.

Nordkorea hat am Freitag nach Angaben des südkoreanischen Verteidigungsministeriums an der Westküste mehr als 200 Granaten in der Nähe zweier südkoreanischer Inseln abgefeuert. Die Bewohner der Inseln wurden daraufhin vom Ministerium aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen, wie örtliche Vertreter der Nachrichtenagentur AFP sagten. Danach reagierte Südkorea demnach mit Gegenbeschuss: mit "entsprechenden" Schießübungen mit scharfer Munition.

Ein Sprecher des südkoreanischen Generalstabs erklärte zum Artilleriefeuer aus Nordkorea: "Dies ist ein Akt der Provokation, der die Spannungen verschärft und den Frieden auf der Koreanischen Halbinsel bedroht." Die Geschosse seien alle auf der nördlichen Seite der Seegrenze gelandet, es habe keine Schäden gegeben. Mit Seegrenze ist die Demarkationslinie gemeint, welche die UNO nach dem Korea-Krieg 1953 einseitig festlegte. Nordkorea erkennt sie nicht an.

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"Das nordkoreanische Militär hat heute zwischen 09.00 und 11.00 Uhr (zwischen 13.00 und 15.00 Uhr MEZ) mehr als 200 Schuss in den Gebieten von Jangsan-got im nördlichen Teil von Baengnyeong und den nördlichen Gebieten der Insel Yeonpyeong abgegeben", sagte ein Vertreter des südkoreanischen Verteidigungsministeriums. Nordkorea müsse "diese Aktionen umgehend einstellen", forderte das Ministerium in einer Erklärung und warnte, es werde mit "angemessenen" Maßnahmen reagieren. Laut dem Generalstab Südkoreas gab es keine Schäden durch die Granaten.

Bewohner der Insel Yeonpyeong suchen Schutz, nachdem Nordkorea ein Artilleriefeuer abgefeuert hatte, 5. Jänner 2024.

Bewohner der Insel Yeonpyeong suchen Schutz, nachdem Nordkorea ein Artilleriefeuer abgefeuert hatte, 5. Jänner 2024.

Zunächst sagten Vertreter der Insel Yeonpyeong der Nachrichtenagentur AFP, die Bewohner seien aufgefordert worden, sich in Sicherheit zu bringen. Es handle sich um eine "präventive Maßnahme". Die Insel liegt zwölf Kilometer südlich der nordkoreanischen Küste. Kurz darauf sagte ein Behördenvertreter der Insel Baengnyeong, die Evakuierung werde "in diesem Moment bekannt gegeben". Er sei darüber informiert worden, dass die südkoreanische Armee in Kürze eine Marineübung abhalten werde.

Auf Yeonpyeong leben rund 2.000 Einwohner und dort stationierte Soldaten. Die Insel liegt rund 120 Kilometer westlich von Seoul, die Fährfahrt dorthin dauert mehr als zweieinhalb Stunden. Auf Baengnyeong leben mehr als 4.000 Menschen.

Kim Jong-un bereitet sich auf "militärische Machtprobe" vor

Die Beziehungen zwischen Nord- und Südkorea befinden sich derzeit auf einem Tiefpunkt. Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un will die Waffenentwicklung ausweiten, darunter auch jene von taktischen Atomwaffen. Als Reaktion darauf haben Südkorea und die verbündeten USA ihre Verteidigungszusammenarbeit verstärkt und gemeinsame Militärübungen abgehalten.

Experten zufolge ist es grundsätzlich nicht ungewöhnlich, dass Nordkorea im Zuge seiner Wintermanöver Artillerie in dem Gebiet einsetzt. Der Unterschied zu früheren Jahren sei allerdings, dass Diktator Kim eine härtere Gangart gegenüber dem Süden angekündigt hat und den Nachbarn offiziell als Feind betrachtet. Die Möglichkeit einer Wiedervereinigung hatte Kim erst vergangene Woche ausgeschlossen.

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Nordkoreas Staatschef Kim Jong-un bei der Inspektion einer Produktionsanlage für Militärfahrzeuge in Nordkorea, veröffentlicht am 5. Jänner 2024.

Nordkoreas Staatschef Kim Jong-un bei der Inspektion einer Produktionsanlage für Militärfahrzeuge in Nordkorea, veröffentlicht am 5. Jänner 2024.

Kurz vor dem Beschuss Richtung der Inseln hatte Kim für den Fall einer Konfrontation mit den USA und Südkorea eine Intensivierung von Kriegsvorbereitungen bekräftigt. "Wenn sie sich für eine militärische Konfrontation entscheiden und das Feuer eröffnen, müssen wir alle mächtigen Mittel mobilisieren, um ihnen einen vernichtenden Schlag zu versetzen und sie vollständig zu zerstören", zitierte die staatliche Nachrichtenagentur KCNA Kim am Sonntag bei einem Empfang für Militärs. Das Land müsse "das Schwert schärfen", um sich gegen die "Gefahr feindlicher Manöver" zu wappnen, die auch wegen der USA schnell Realität werden könnte, sagte Kim demnach im Hauptquartier der regierenden Arbeiterpartei.

Völkerrechtlich noch immer Kriegszustand

Das Gebiet um die Grenzlinie im Meer ist in der Vergangenheit wiederholt Schauplatz von Gefechten zwischen Kriegsschiffen beider Länder gewesen. Die sogenannte Nördliche Grenzlinie (NLL) wird von Nordkorea nicht anerkannt. Die Grenzlinie wurde nach dem Korea-Krieg (1950-53) einseitig von einem UNO-Kommando gezogen, um Feindseligkeiten zwischen beiden Seiten zu verhindern. Yeonpyeong war etwa 2010 Ziel eines Angriffs der nordkoreanischen Artillerie gewesen. Zwei Soldaten und zwei Zivilisten wurden damals getötet. Ebenfalls 2010 sank ein südkoreanisches Kriegsschiff nahe Baengnyeongdo. 46 Soldaten ums Leben. Südkorea warf Nordkorea vor, das Schiff versenkt zu haben.

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Ein K1E1-Panzer der südkoreanischen Marine feuert während einer militärischen Übung auf der Insel Yeonpyeong, Südkorea, 5. Jänner 2024.

Ein K1E1-Panzer der südkoreanischen Marine feuert während einer militärischen Übung auf der Insel Yeonpyeong, Südkorea, 5. Jänner 2024. 

Die Koreanische Halbinsel ist seit Jahrzehnten geteilt und befindet sich völkerrechtlich noch immer im Kriegszustand. Ein Friedensabkommen ist nach dem Korea-Krieg nicht geschlossen worden, nur ein Waffenstillstand. In den Bruderkrieg hatten damals auf der Seite des Südens im Rahmen der UNO die USA eingegriffen, aufseiten des kommunistischen Nordens die Sowjetunion und vor allem China.

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