Europas Rechte auf ein Stelldichein vor der EU-Wahl
Lega-Chef Salvini lud in Florenz zu einem rechten Gipfeltreffen. Ziel: Ein rechtes Bündnis im EU-Parlament bauen
03.12.23, 17:11
Andrea Affaticati, Mailand
und Ingrid Steiner-Gashi
Eine geschlossene Front aller Rechts- und auch Mitte-Rechts-Parteien für die EU-Wahl im nächsten Jahr zu bilden – das ist der Traum von Matteo Salvini, Vorsitzender der nationalpopulistischen Lega und Vize-Premier Italiens. Dann könne man, wie er gestern sagte, „den Tempel in Brüssel von den Unbefugten zu befreien.“
Damit dieses Ziel nicht nur ein Wunsch bleibt, hat Salvini am Sonntag die Repräsentanten der Parteien, die im EU-Parlament der rechten Fraktion „Identität und Demokratie“ (ID) angehören, und andere, die dieses Ziel teilen, nach Florenz zum Treffen „Free Europe – Arbeit, Sicherheit und gesunder Menschenverstand“ eingeladen.
Eigentlich hätten auch Marine Le Pen, Vorsitzende des rechtspopulistischen Rassemblement National und der Niederländer Geert Wilders, dessen Partei Voor de Vrijheid bei der Wahl vor knapp zwei Wochen als stärkste hervorging, kommen sollen. Doch beide hatten abgesagt. Le Pen, weil sie angeblich schon auf den französischen Präsidentschaftswahlkampf 2027 konzentriert sei; Wilders wegen der laufenden Gesprächen zur Regierungsbildung.
Angereist aber waren der FPÖ-EU-Abgeordnete Harald Vilimsky und der Co-Vorsitzende der deutschen AfD Tino Chrupalla. Zudem kamen Vertreter rechtsnationaler und -extremer Parteien aus Belgien, Dänemark, Estland, Finnland, Tschechien sowie aus Polen und Rumänien.
Thema Nr. 1: Migration
Was alle Reden gemein hatten: Die Migranten seien das größte Problem. Nicht nur die illegalen Zuwanderer, sondern alle – denn in Kürze würden sie die Europäer zahlenmäßig überholen. Überhaupt vermittelte so mancher Redner den Eindruck, zwischen Mittelalter und Zukunft zu pendeln. So grüßte etwa Roman Fritz, Vizevorsitzender der rechtsextremen Konföderation der polnischen Krone, mit einem Laudato Jesu Christo und startete dann seinen Kreuzzug gegen die Genderkultur, den Green Deal und mahnte zur Rückbesinnung auf christliche Werte.
Streitpunkt Israel
Und Vilimsky sagte: „Wir haben es satt, wir wollen unser Land, unsere Demokratie, unsere Souveränität zurück. Uns ist die politische Korrektheit egal.“ Der FPÖ-Abgeordnete ließ aufhorchen mit dem Satz: „Ich möchte mich an die in Brüssel wenden und sagen, dass ich unsere Unterstützung im Ukrainekrieg und die von Israel für falsch halte.“
Gegnerschaft oder Nähe zu Russland, aber auch die Haltung gegenüber Israel – das sind einige der Punkte, wo Europas Rechte nicht zueinanderfinden finden. Salvini versuchte denn auch zu kalmieren:
Er sei sich der Eigenheiten bewusst, die jede Partei mit sich bringe: „Ich träume ja auch von einem Bündnis und nicht von einer Kaserne.“
Doch auf europäischer Ebene wird es wie schon bisher schwierig werden, eine gemeinsame Rechts-Fraktion im EU-Parlament zu bilden. Die Europäische Volkspartei, größte Fraktion im Abgeordnetenhaus, wird ihre Vormachtstellung nicht aufgeben.
Und selbst Parteien wie die polnische PiS oder Giorgia Melonis Fratelli d’Italia zeigten bisher wenig Neigung, ihre Fraktion der Europäische Konservativen (EKR) in Richtung Salvinis und Le Pens ID-Fraktion zu verlassen.
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