Vermögender Marxist mit Oxford-Manieren

Griechenlands neuer Finanzminister Euklid Tsakalotos gilt als unauffällig und leise, aber hart in der Sache.

Den Hemdkragen trägt auch er meist offen, aber sonst wirkt Euklid Tsakalotos, der neue Finanzminister Griechenlands, wie der Gegenentwurf zum abgetretenen Yanis Varoufakis. Dieser pflegte vor allem sein Image als eine Art lauter Popstar in der Politik – von den Hochglanzfotos zusammen mit seiner Frau auf seiner Dachterrasse hoch über Athen über die Anreise zu Terminen mit dem Motorrad bis zu verbalen Ausfällen und Pöbeleien gegen Geldgeber und europäische Institutionen. Euklid Tsakalotos wird von seinen Mitarbeitern als "unauffällig und leise" beschrieben, einer, der arbeiten und nicht provozieren wolle.

Tsakalotos wurde 1960 in Rotterdam geboren und entstammt einer wohlhabenden Familie, die fünf Jahre später nach England zog. Dort besuchte er die Universitäten von Eaton und Oxford. Seitdem spricht er ein feines Oxford-English. 1993 zurück in Griechenland, soll er zunächst Probleme mit der Muttersprache gehabt haben. Seit 2010 ist Tsakalotos, der mit einer Schottin verheiratet ist und drei Kinder hat, Professor der Ökonomie an der Uni Athen.

Geldprobleme soll er persönlich nie gehabt haben. Ein Kapitalist ist das Mitglied der Syriza-Partei dennoch nicht, sondern ein Marxist und überzeugter linker Ökonom mit Manieren. Er habe ein Vermögen geerbt, sagt er immer wieder. Er könne nichts dafür.

Erfahrener Verhandler

Schon seit Ende April ist er der Grieche, der mit den internationalen Geldgebern direkt verhandelt – sie kennen ihn also gut. Damals hatte Regierungschef Alexis Tsipras aus den schleppenden Verhandlungen mit den Geldgebern (und aus deren Widerstand gegen Varoufakis) Konsequenzen gezogen und Tsakalotos als Chefunterhändler der griechischen Delegation bestellt. Varoufakis war nur noch auf politischer Ebene mit den Finanzministern im Einsatz.

Dass Tsakalotos zu Varoufakis’ Nachfolger bestellt wurde, wird als ein Zeichen von Tsipras gewertet, den internationalen Gläubigern seines Landes entgegen zu kommen. Allerdings gilt er als nicht weniger hart in der Sache als sein Vorgänger.

Heute hat er seinen ersten Auftritt bei den Finanzministern der Eurogruppe. Bei seiner Ernennung am Montag sprach er sich für eine Fortsetzung der Verhandlungen Athens mit seinen Gläubigern aus. "Ich denke, dass sich etwas in Europa ändern kann", sagte er, die Griechen hätten bei dem Referendum deutlich gemacht, dass sie "Besseres verdient haben" und eine "nicht-lebensfähige Lösung nicht akzeptieren" könnten.

Tsakalotos gab zu, angesichts des neuen Postens "Lampenfieber" zu haben. Es sei "nicht der einfachste Moment in der griechischen Geschichte", um Finanzminister zu werden. Tsakalotos hat sich den Kampf gegen Steuerbetrug und Bestechung sowie für bessere Verwaltungsstrukturen auf die Fahnen geschrieben.

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