EU will wegen Verzögerungen Druck auf Impfmittel-Hersteller erhöhen

EU will wegen Verzögerungen Druck auf Impfmittel-Hersteller erhöhen
Ratspräsident Michel: Auch "juristische Mittel" möglich.

Die EU warnt die Hersteller von Corona-Impfstoffen angesichts von Lieferverzögerungen vor möglichen Konsequenzen. "Wir erwarten, dass die von den Pharmaunternehmen bestätigten Verträge eingehalten werden", sagte EU-Ratspräsident Charles Michel am Sonntag dem französischen Sender Europe 1. Um die Einhaltung der Verträge zu gewährleisten, könne die EU auch "juristische Mittel" nutzen.

Nach der Pharmaunternehmen-Kooperation aus Biontech und Pfizer hatte am Freitag auch der Hersteller Astrazeneca angekündigt, zeitweise weniger Impfstoff liefern zu können als ursprünglich geplant. Grund sei eine geringere Produktion an einem Standort in der europäischen Lieferkette, hieß es. Die Zulassung dieses Vakzins wird in Kürze erwartet. Nach Angaben aus der EU-Kommission soll es nun an diesem Montag ein weiteres Treffen des Lenkungsausschusses zur EU-Impfstrategie zu den Verzögerungen geben.

Man verstehe, dass es Probleme geben könne, erklärte Michel am Sonntag. Es brauche aber Klarheit über die Gründe. So habe Pfizer anfangs Verzögerungen von Impfstofflieferungen von mehreren Wochen angekündigt. Nachdem man mit der Faust auf den Tisch gehauen habe, sei es dann aber nur noch um eine Woche gegangen.

EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides hatte zuvor mitgeteilt, es gebe in der Kommission und in Mitgliedstaaten große Unzufriedenheit über von Astrazeneca angekündigte Lieferverzögerungen im ersten Quartal. Man habe bei der Sitzung des Lenkungsausschusses am Freitag darauf bestanden, dass es einen genauen Lieferplan gebe, auf dessen Grundlage die Mitgliedstaaten ihre Impfprogramme planen könnten. Die EU-Kommission werde weiter auf mehr Zuverlässigkeit bei den Lieferungen dringen und auf eine beschleunigte Verteilung der Dosen.

Ob Astrazeneca auch in Großbritannien im ersten Quartal weniger Impfstoff ausliefern will als geplant, war zunächst nicht bekannt. Das britisch-schwedische Unternehmen hat sein Präparat zusammen mit der britischen Universität Oxford entwickelt. Er wird in Großbritannien bereits genutzt. Für diese Woche wird auch eine Zulassung in der Europäischen Union erwartet.

Die Brüsseler Behörde geht eigentlich davon aus, dass die Mitgliedstaaten mit den von ihr eingekauften Impfstoffen bis Ende des Sommers mindestens 70 Prozent der erwachsenen Bevölkerung impfen können. EU-Ratspräsident Michel räumte am Sonntag nun ein, dass dieses Ziel nur schwer zu realisieren sein dürfte.

Der EU-Kommission wird seit längerem vorgeworfen, sich nicht rechtzeitig genug ausreichend Impfstoff gesichert zu haben. Die Brüsseler Kommission argumentiert hingegen, dass zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen noch gar nicht klar gewesen sei, welche Impfstoffe am Ende überhaupt zugelassen werden können. Deswegen sei es richtig gewesen, auf unterschiedliche Anbieter und Konzepte zu setzen.

Nach eigenen Angaben hat die Kommission bisher sechs Verträge über 2,3 Milliarden Dosen künftiger Impfstoffe genehmigt. So gibt es beispielsweise mit Biontech/Pfizer Abmachungen über 600 Millionen Dosen und mit Astrazeneca über bis zu 400 Millionen Dosen.

Bereits in einigen Monaten werde man in Europa mehr Impfstoffe haben als man brauche, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zuletzt. Allein mit den bereits zugelassenen Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna werde man 380 Millionen EU-Bürger impfen können. Dies seien 85 Prozent der EU-Bevölkerung.

Kommentare