EU will die Asyl-Agenden zentral regeln

Heute wird präsentiert, wie die Dublin-Regelung adaptiert oder ersetzt werden kann. Die Nationalstaaten könnten Kompetenzen verlieren.

Wie EU-Europa mit dem Flüchtlingsansturm durch den Syrien-Krieg sowie aufgrund der Lage in Pakistan, Afghanistan und in Afrika nicht fertig wird, das hat das vergangene Dreivierteljahr gezeigt: Das Abkommen Dublin-III, wonach Flüchtlinge in jenem Land einen Asylantrag stellen müssen, in dem sie als erstes EU-Boden betreten, taugt nicht – weil es Randstaaten wie Griechenland und Italien im Falle eines Massenansturms überfordert. Und die in der EU vereinbarte Quote zur Flüchtlingsaufteilung in Europa ist vor allem aufgrund des Boykotts vieler osteuropäischer Staaten a) eine Minimalquote, die b) nicht einmal im Ansatz umgesetzt ist.

Jetzt will die EU einen Plan präsentieren, wie es besser gehen kann. Der heute, Mittwoch, vorgestellte Entwurf sieht laut einem Bericht der deutschen Zeitung Die Welt so aus:Die Verantwortung für die Bearbeitung von Asylverfahren soll von nationaler auf EU-Ebene verlagert werden. Das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) soll in eine Agentur mit Entscheidungsbefugnis umgewandelt werden. Ein Ableger in jedem Mitgliedsstaat soll auch Einsprüche gegen Bescheide bearbeiten. Ziel: Eine "komplette Harmonisierung der Verfahren, aber auch der Beurteilung von Schutzbedürfnissen auf EU-Ebene".

Zur Überarbeitung des Dublin-Systems werden zwei Optionen vorgelegt: Ein Festhalten am Dublin-System mit einem "korrigierenden Fairness-Mechanismus" zur Verteilung von Asylbewerbern in der EU. Dieser soll immer dann ausgelöst werden, wenn ein Mitgliedstaat bei der Aufnahme von Asylbewerbern überfordert ist. Die faire Aufteilung von Asylbewerbern anhand von Kriterien wie der Aufnahmekapazität der Mitgliedstaaten und bestehender Familienverbindungen. Die Aufnahmekapazität soll u. a. nach "der relativen Größe, dem Reichtum der Mitgliedstaaten" berechnet werden.

Wie weit diese Vorschläge in der Praxis umsetzbar sind, ist angesichts der bisherigen Erfahrungen völlig offen – um es vorsichtig auszudrücken. Oder, wie es Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) vor dem Ministerrat formulierte: Pläne wie die Auslagerung der nationalen Asylverfahren in EU-Kompetenz seien wohl nur langfristig umzusetzen; dass das schon in den nächsten Monaten möglich wäre, "kann ich mir nicht vorstellen".

Grundsätzlich geht Wien "offen" in Verhandlungen über die Reform des EU-Asylwesens. Es brauche ein Dublin-neu, da das Türkei-Abkommen alles andere als eine "nachhaltige Lösung" sei, sagte Bundeskanzler Werner Faymann. Ein gemeinsames Asylrecht in Europa sei immer Österreichs Position gewesen: "Wenn wir die Aufteilung in Europa vornehmen wollen, dann verpflichtet das natürlich zu einer Harmonisierung in der Durchführung."

Und die Abgabe nationaler Rechte? Vize Reinhold Mitterlehner: Für eine qualitative Verbesserung der Flüchtlingsregelungen könne man durchaus "ein Recht abgeben".

Auch Deutschlands Innenminister Thomas de Maiziere, gestern bei einem Treffen der deutschsprachigen Innenminister zum Thema Terrorgefahr und Vorbeugung in Wien, zeigt sich offen für mehr europäische Zusammenarbeit bei Asylverfahren. Derzeit würden in manchen Ländern zehn Prozent der Asylbewerber anerkannt, in anderen 90 Prozent. "Da darf man sich nicht wundern, dass die Asylbewerber in das Land gehen, wo die Anerkennungswahrscheinlichkeit höher ist", so der Minister.

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