EU-Wahl: Hundert Millionen Wechselwähler sind noch zu haben

EU-Wahl könnte zeigen, wie robust das Unionsrecht ist
Wichtigstes Thema ist Islamismus. Wer hier die Nase vorn hat, kann viele Stimmen holen. ÖVP und FPÖ für viele auswechselbar.

Nur 43 Prozent der Wahlberechtigen haben fix vor, zur EU-Wahl zu gehen. 70 Prozent von ihnen, und damit 97 Millionen Menschen, sind noch unentschlossen, welcher Partei sie die Stimme geben sollen. Das erhob eine Studie des ECFR (European Council on Foreign Relations). Was bedeutet das für die politische Stimmung in der Europäischen Union?

Europa der Gemäßigten

Die Macher der Studie schließen aus der großen Zahl der Unentschlossenen, dass die Stimmung in Europa nicht so gespalten sei, wie vielleicht vermutet. "Die Umfrage zeigt, dass die Wähler in Europa nicht polarisiert, sondern wankelmütig sind", sagt Gründungsdirektor der ECFR Mark Leonard in einer Aussendung zu dem Ergebnis.

Tatsächlich verlaufe der Graben nicht zwischen rechts und links oder pro-europäisch versus nationalistisch. Nur 25 Prozent lehnen die Aussage ab, dass ihre europäische Identität genau so wichtig sei wie die nationale.

"Aus unseren Daten geht hervor, dass es in Europa noch keine Verfestigung der Positionen entlang der Extreme gibt. Vielmehr fehlt es der europäischen Wählerschaft an Orientierung und die Wählerstimmen wandern in alle Himmelsrichtungen", sagt Leonard von der ECFR.

Stimmwechsel bei ÖVP und FPÖ

Konkret erhoben hat ECFR unter anderem, welche Sympathien die Wählerschaft der ÖVP und der FPÖ zu anderen Parteien hat.

Wer eigentlich ÖVP wählt, kann sich am ehesten vorstellen, der FPÖ die Stimme zu geben (37 Prozent). Für viele kommt aber keine andere Partei in Frage (29 Prozent).

Noch deutlicher ist es umgekehrt. Für 47 Prozent der Wählerinnen und Wähler der FPÖ kommt es in Frage, doch die Türkisen zu wählen. 33 Prozent wollen ihrer Partei treu bleiben.

Islamismus und Migration

Als größte Bedrohung wird der Islamismus gesehen, sowohl europaweit als auch in Österreich. Zu einem spannenden Ergebnis kam die Umfrage bei dem Thema Migration. Längst nicht für alle Länder ist die Einwanderung die größte Sorge. Menschen aus den Ländern Italien, Spanien, Rumänien, Ungarn, Polen und Griechenland sind vielmehr um Abwanderung besorgt.

Wer wählt

Anhand der Daten kristallisieren sich EU-weit vier Wählergruppen heraus.

  1. Die Systemtreuen: Sie glauben, dass die EU und ihr nationales System im Grunde funktionieren, sind rund 50 Jahre alt und leben vor allem in Deutschland, Dänemark und Schweden. Ihr Leben ist komfortabel, das Bildungsniveau hoch.
     
  2. Die verzweifelten Revolutionäre: Sie sind von der EU und von ihrem Land enttäuscht, über 50 Jahre alt und leben vor allem in Frankreich, Griechenland und Italien. Sie sind weder links noch rechts.
     
  3. Die abgehängten EU-Fans: Die Verlierer des Systems halten viel auf die Europäische Union, das nationale System sei kaputt. Mit durchschnittlich 41 Jahren sind sie die jüngste Gruppe und haben einen großen Anteil an Millenials und Generation X. Sie verdienen wenig und wohnen in Ungarn, Polen, Rumänien, Slowakei oder Spanien.
     
  4. Die skeptischen Nationalisten: Ihr nationales System funktioniert, die EU nicht. Sie sind die älteste Gruppe und leben in Österreich, Dänemark und Italien. Die Gruppe ordnet sich eher rechts ein.

Im Fazit der Studie heißt es, die Menschen wollten Veränderung. Diese soll nicht von ganz links oder rechts kommen. Mehr Fokus solle außerdem auf wirtschaftliche Themen gelegt werden. "Der Ausgang der Europawahl ist noch komplett offen", sagt Leonard.

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