EU-Parlament droht mit Aufstand gegen Zoll-Abkommen mit USA

U.S. President Trump visits Scotland
Der Pakt mit dem US-Präsidenten, den Ursula von der Leyen geschlossen hat, droht im EU-Parlament am Widerstand von Sozialisten und Liberalen zu scheitern.

Er nannte es den „größten Deal aller Zeiten“, sie sprach unablässig von „Stabilität und Berechenbarkeit“: Doch einen Monat nachdem Donald Trump und Ursula von der Leyen einander in Schottland die Hand schüttelten, zeigen sich viele EU-Vertreter von der Einigung über Zölle zunehmend weniger begeistert. „Ein völlig unausgewogenes Abkommen“, nennt es etwa Valerie Hayer, Chefin der Liberalen im EU-Parlament im Interview mit der französischen Tageszeitung Les Echos, „unterschrieben unter Bedingungen, die katastrophal für das Image der EU sind.“ Von der „Stabilität und Berechenbarkeit“ könne jedenfalls keine Rede sein, meint auch der österreichische EU-Parlamentarier Andreas Schieder (SPÖ): „Wir bewegen uns auf dünnem Eis, wenn Trump einen schlechten Tag hat, landen wir im Wasser.“

Kritik an EVP und Von der Leyen

Solcher Missmut könnte Folgen haben. Denn um den Handschlag zwischen Trump und Von der Leyen in einen rechtsverbindlichen Vertrag zu gießen, braucht es auch die Zustimmung des EU-Parlaments, und die wackelt derzeit bedenklich. Zum Auftakt der Sitzungswoche des Parlaments im französischen Straßburg droht ein Aufstand gegen das Abkommen, das viele EU-Abgeordnete als nicht nur unfair, sondern auch unzulässig und vor allem undemokratisch betrachten. Angeführt wird dieser Aufstand von den Sozialdemokraten, der zweitstärksten Fraktion im EU-Parlament. Die sind auf Von der Leyen und ihre Europäische Volkspartei (EVP) seit Längerem schlecht zu sprechen, man wirft ihr Packelei mit rechten und rechtspopulistischen Fraktionen im EU-Parlament vor. Von der Leyen habe sich in ihrer zweiten Amtszeit zu viel persönliche Macht zugeschanzt. „Wir sind doch nicht mehr im Zeitalter der Könige und Königinnen“, ärgert sich etwa Bernd Lange, Handelsexperte der deutschen Sozialdemokraten über den Deal, „da schütteln zwei einander die Hand und schon ist alles entschieden. So kann das nicht funktionieren.“

Ob sich tatsächlich eine Mehrheit gegen den Deal im EU-Parlament zimmern lässt, hängt von den jetzt startenden Detailverhandlungen im Parlament ab. Da geht es vor allem um Garantien, dass die mit den USA vereinbarten Zölle von 15 Prozent auf EU-Waren auch halten. Tun sie das nicht, will man die EU-Kommission verpflichten, den Deal aufzukündigen und harte Gegenmaßnahmen in Stellung zu bringen.

Rückenwind für das Abkommen liefert die jüngste Entscheidung von Trump: Er hat per Erlass die Zölle für Autos aus der EU mit 15 Prozent festgelegt, ein für die ohnehin schwächelnde europäische Autoindustrie dringend notwendiger Schritt, der seit Wochen überfällig war. Ob das solche Erlässe allerdings tragfähig sind, daran zweifeln im EU-Parlament viele.

Unberechenbarer Trump

Dass die EU gerade dem US-Digitalgiganten Google eine Milliardenstrafe aufgebrummt hat, betrachtet Trump als brutalen Angriff gegen „unsere großartigen Digitalunternehmen“. Außerdem macht der Präsident, der dazu neigt. alles auf einmal in die Waagschale von Verhandlungen zu werfen, die Europäer dafür mitverantwortlich, dass Russland weiter seinen Krieg finanzieren könne: Russisches Öl dürfe nicht länger über europäische Häfen in die Welt, etwa nach Indien exportiert werden; auch auf China müsse die EU mehr Druck machen.

Die Laune des Präsidenten bleibt als auch für die Europäer unberechenbar, von der „Berechenbarkeit“, die Von der Leyen versprochen hat, keine Rede. Trotzdem, warnen Verhandler aus der EU-Kommission gegenüber der Nachrichtenplattform Politico, müsse man weiter an dem Vertrag arbeiten, statt ihn im EU-Parlament in die Luft zu sprengen: „Denn dann haben wir einen Handelskrieg und himmelhohe Zölle der USA.“

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