EU-Parlament: "Ungarn ist keine vollwertige Demokratie mehr"

EU-Parlament: "Ungarn ist keine vollwertige Demokratie mehr"
Brüssel droht Budapest mit drastischen Mittel-Kürzungen: Bis zu 16 Mrd. Euro könnten gestrichen werden.

In den Jahren der Regierung Orban habe sich Ungarn zu einem „hybriden Regime einer Wahlautokratie“ gewandelt. Das Land sei deshalb heute „keine vollwertige Demokratie“ mehr: Zu diesem Schluss kommt die große Mehrheit der EU-Abgeordneten. Sie stimmte gestern in Straßburg einem Parlamentsbericht zu, der die politische Entwicklung in Ungarn während der vergangenen vier Jahre untersucht hat. So drastisch sich die Feststellung der EU-Abgeordneten anhört – rechtliche Konsequenzen hat sie keine. Sie hat ausschließlich symbolischen Charakter.

Das Ungemach für Ungarn kommt von einer anderen Seite – von der finanziellen. Denn bereits in den kommenden Tagen dürfte die EU-Kommission ankündigen, Ungarn EU-Mittel aus dem gemeinsamen Haushalt zu kürzen.

Im April hatte die Behörde in Brüssel den sogenannten Rechtsstaatsmechanismus gegenüber der national-konservativen Regierung in Budapest gestartet: Ungarn wurde aufgefordert zu beweisen, dass Mittel aus den EU-Töpfen nicht durch Korruption versickern, und dass eine unabhängige Justiz alle Verdachtsfälle aufklärt.

Gelingt Ungarn dieser Beweis nicht, könnte Brüssel bis zu 70 Prozent der Ungarn zustehenden Gelder aus den EU-Töpfen einfach einbehalten. Das würde Ungarn schwer treffen: Dem Vernehmen nach könnten das bis zu 16 Milliarden Euro sein.

Noch ist es allerdings nicht so weit. Bevor Mittel gekürzt werden, müssen 15 EU-Staaten zustimmen, die zusammen mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren (qualifizierte Mehrheit).

Möglicher Kompromiss

Und es gibt noch Spielraum für einen Kompromiss: Am Montag will das Parlament in Budapest 17 Gesetzesänderungen vornehmen, um eine EU-Mittelkürzung doch noch zu verhindern. Vorgesehen ist dabei unter anderem die Gründung einer neuen Anti-Korruptionsbehörde.

Ungarns Opposition hegt jedoch schon jetzt Zweifel: Eine von der Regierung eingesetzte Behörde werde wohl kaum Unregelmäßigkeiten der eigenen Seite aufklären.

Auch die 5,8 Milliarden Euro aus dem Corona-Wiederaufbaufonds der EU hat Ungarn noch nicht erhalten. Brüssel hat Ungarns Plan noch nicht bewilligt, alle anderen 26 EU-Staaten haben für ihre Pläne bereits grünes Licht erhalten. Der Grund für das Zögern der EU-Kommission: Der ungarische Plan sei zu wenig transparent.

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