Athen verspricht rasche Reformen
Alles soll schnell gehen", so die deutsche Kanzlerin Merkel. Der fromme Wunsch drückte wohl die Stimmung der meisten Gipfelteilnehmer aus: Griechenland soll bald liefern. Nach drei nächtlichen Stunden hat man sich beim Treffen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel schließlich auf eine gemeinsame Erklärung geeinigt - nach dem heftigen Streit samt Verwirrung um Stinkefinger und Co. - die bereits vereinbarten Schritte zur Rettung Griechenlands sollen beschleunigt werden. Die schleppende Performance von Finanzminister Varoufakis hatte immer wieder für Kopfschütteln gesorgt. Am Gipfel kamen gar erste Ablösegerüchte auf (mehr dazu lesen Sie hier).
Der griechische PremierAlexis Tsiprassicherte jedenfalls zu, in den nächsten Tagen eine vollständige Liste mit eigenen Reformvorschlägen vorzulegen. Dieser Plan ist Voraussetzung für die Geldgeber, noch verfügbare Milliardenhilfen aus dem verlängerten Hilfsprogramm freizugeben. Das griechische Finanzministerium glaubt nun an eine "konstruktive Entwicklung": Nun würden die technischen Teams eine "detaillierte Liste" der Anforderungen sowie "Pläne für weitergehende Reformen" ausarbeiten.
Tsipras: Wir sind optimistischer
Auch der linksgerichtete Tsipras zog eine positive Bilanz. "Wir sind optimistischer nach den Beratungen." Er fügte hinzu: "Alle Seiten haben versucht, das Beste zu tun und die Probleme der griechischen Wirtschaft zu lösen." Sein Land habe sich verpflichtet, Reformvorschläge zu machen und sie in die Tat umzusetzen. Er schränkte zugleich ein, sein Land sei nicht zu Schritten verpflichtet, die zu einem Schrumpfen der eigenen Wirtschaft führen könnten.
Basis bleibe die Vereinbarung der Euro-Finanzminister vom 20. Februar. Das teilten EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, EU-Gipfelchef Donald Tusk und Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem in einer gemeinsamen Erklärung mit. Im Vormonat war das Hilfsprogramm gegen Reformzusagen Athens um vier Monate verlängert worden. "Im Geiste des gegenseitigen Vertrauens sind wir alle bereit, die Arbeit zu beschleunigen und so schnell wie möglich abzuschließen."
Merkel betonte: "Ich habe mitgenommen, (...) dass das Vertrauen wieder hergestellt wird und konzentriert gearbeitet wird. Insofern war es ein gutes und konstruktives Gespräch."
Auch Bundeskanzler Werner Faymann zeigte sich vorsichtig optimistisch und verlangte, dass man nunmehr auf "Expertenebene Nägel mit Köpfen macht". "Zwischen der Überschrift und den konkreten Maßnahmen liegen Welten", sagte Faymann am Freitag in Brüssel.
Tranche wird gezahlt
In dem Hilfsprogramm stehen aus verschiedenen Quellen noch insgesamt 7,2 Milliarden Euro zur Verfügung, deren Auszahlung an den erfolgreichen Abschluss des Hilfsprogramms und griechische Reformschritte geknüpft ist. Tsipras drang insbesondere darauf, Zinsgewinne der Europäischen Zentralbank aus griechischen Staatsanleihen von 1,9 Milliarden Euro rasch auszuzahlen - damit konnte er sich dem Vernehmen nach aber nicht durchsetzen.
Trotz seiner Finanznot kann Griechenland aber offenbar die nächste Tranche zur Rückzahlung von Krediten an den IWF am Freitag leisten. Das Land verfüge über genug Geld, um die fälligen 350 Mio. Euro zu zahlen, sagte ein Vertreter der griechischen Regierung. Zuvor waren Befürchtungen aufgekommen, dass das Euro-Land kurz vor der Pleite stehen könnte.
Bis zu 100 Milliarden Euro an unversteuertem griechischen Vermögen sollen in der Schweiz auf Abholung warten. Bisher hat die Regierung in Athen aber keine Anstrengungen unternommen, das Geld zurückzuholen – trotz schwerer finanzieller Nöte.
Schon seit über einem Jahr gibt es nämlich ein Angebot des eidgenössischen Finanzministeriums, das Geld aufzuspüren und nach Athen zu überweisen. Im Februar 2014 verhandelte die Schweizer Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf mit Yanis Stournaras, dem Vorgänger ihres jetzigen griechischen Amtskollegen Yanis Varoufakis, über den Abschluss eines Steuerabkommens. Geplant war ein Selbstanzeigeprogramm: Griechischen Steuersündern sollte erlaubt werden, sich reinzuwaschen – also Steuern zurückzuzahlen, ohne strafrechtlich belangt zu werden.
Kein Anruf aus Athen
Doch geschehen ist seither nichts. Weder von der alten noch von der jetzigen Regierung Athens hat man in Bern in dieser Angelegenheit etwas gehört. Die Begründung der Griechen ist recht simpel: Die neue Regierung ist erst seit acht Wochen im Amt – man habe das Thema bisher noch nicht mit der Schweiz besprechen können. "Es wäre unhöflich, diesen Gesprächen zuvorzukommen", so die Auskunft des Finanzministeriums gegenüber der Schweizer Wochenzeitung. Wieso die Vorgängerregierung untätig geblieben war, bleibt allerdings unklar.
Österreich hat ein Abkommen mit der Schweiz: Österreicher, die den Abzug einer Steuerpauschale verweigern, werden von der Schweizer Bank dem österreichischen Fiskus gemeldet. Auch die EU hat nun den Austausch von Bankdaten mit Bern paktiert.
Während die ärmsten Haushalte in Griechenland 2012 durch die Folgen des harten Sparkurses fast 86 Prozent Einkommen verloren haben, blieben die Vermögenden bisher ungeschoren. Auch die "Lagarde-Liste" ließen die Behörden in Athen bisher links liegen. Die Datei mit 2062 griechischen Kontoinhabern bei der Bankengruppe HSBC in der Schweiz war 2010 von der damaligen französischen Finanzministerin Lagarde an Athen übergeben worden.
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