Debatte um Zeitumstellung: Wo die Uhren anders ticken
Bis Donnerstag, 23 Uhr, können die EU-Bürger ihre Meinung zur umstrittenen Zeitumstellung bei einer Online-Umfrage der EU-Kommission mitteilen. Das Resultat der Abstimmung ist allerdings nicht bindend, sondern „ein zusätzliches Mittel, das die Kommission in der Politikgestaltung hat“, wie ein Sprecher betonte.
Einer der Initiatoren des „Widerstands gegen die Zeitumstellung“ , der Europaabgeordnete Heinz Becker (ÖVP), begrüßt den Schritt, die Meinung der Menschen einzuholen: „Unser Ziel ist, dass künftig die Sommerzeit allein bestehen bleibt. Die zweimal jährliche Zeitumstellung ist sinnlos und gefährlich.“
Der Großteil der Österreicher stimmt ihm zu: 61 Prozent wünschen sich die Beibehaltung der Sommerzeit, fand das Markt- und Meinungsforschungsinstituts Akonsult im Frühjahr heraus.
Ob der Uhrzeiger zweimal im Jahr nach vorne beziehungsweise hinten wandert, sorgt rund um den Globus immer wieder für Diskussionen. Nur 40 Prozent aller Länder haben eine Winter- und eine Sommerzeit. 140 Staaten haben die Regelung schon einmal eingeführt, wobei mehr als die Hälfte sie wieder abgeschafft haben.
Nordamerika und Europa sowie manche Gebiete im Nahen Osten sind Anhänger der Zeitumstellung. In Asien und Afrika ist sie wiederum eher unüblich. In südamerikanischen Ländern nahe des Äquators ebenfalls.
Die Zone in der Zone
Australien ist eine eigene Geschichte: Der Norden des Landes verzichtet anders als der Süden auf Zeitumstellung. Doch Australien ist nicht das einzige Land ohne einheitliche Regelung: In Kanada ist sie etwa Bezirkssache. Großteils hält das Land in Nordamerika aber am längsten von allen Nationen an der Zeitumstellung fest, nämlich seit 106 Jahren.
In den USA kann sich jeder Bundesstaat aussuchen, wie er es hält. Arizona ist aber der einzige, der nur Sommerzeit hat.
Allerdings ist es wieder nicht so einfach: Die Navajo Nation, ein semi-autonomes Territorium der Ureinwohner, hält sich an die Zeitumstellung. Die Hopi Nation, die geografisch in der Navajo Nation liegt, hält wiederum an Arizonas Sommerzeit-Regelung fest.
Manchen Ländern ist das alles zu kompliziert. Etwa der Türkei: 2016 wurde daher die neue „Turkish Time“ eingeführt, die gänzlich ohne Zeitumstellung auskommt.
Gebetszeiten
Die Zeitumstellung kann auch bei der Religionsausübung zu Problemen führen. Jüdische und muslimische Gebets- und Fastenzeiten richten sich nach dem Sonnenstand.
Sommerzeit-Regelungen verändern daher die Zeit zwischen Morgengebet und Arbeitsbeginn beziehungsweise Arbeitsende und Abendgebet sowie Fastenbrechen.
Manche muslimische Länder verzichten aus diesem Grund in der Zeit des Ramadan auf die Zeitumstellung beziehungsweise haben sie komplett abgeschafft.
Eine ganz eigene Regelung gibt es auch in Israel und im Westjordanland, bei der Grabeskirche in Jerusalem und der Geburtskirche in Bethlehem. Die Öffnungs- und Gebetszeiten richten sich auch im Sommer nach der Normalzeit, während außerhalb der Kirche die Sommerzeit gilt. Das ist der interkonfessionellen Nutzung geschuldet.
- Maria Prchal
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