EU-Chefs unter Erfolgsdruck

EU-Chefs unter Erfolgsdruck
Streit über die Finanzierung der Europäischen Union: Zeichen stehen auf Einigung.

Wenn am Donnerstag und Freitag nächste Woche die EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel wieder einmal zu einem Gipfel zusammenkommen, ist der Erfolgsdruck größer als bei so manchem anderen Treffen. Die "Chefs" wollen den Streit über die Finanzierung der Europäischen Union bis 2020 endlich beilegen, nachdem ein erster Anlauf im November nicht zuletzt an der Vetodrohung des britischen Premiers David Cameron gescheitert war. Es geht um gut eine Billion Euro für den Finanzrahmen von 2014 bis 2020.

Versöhnliche Töne

Die Töne sind mittlerweile versöhnlicher geworden. Damit die Programme rechtzeitig umgesetzt werden können, bedarf es eines Deals in Kürze. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel telefonierte in den vergangenen Wochen mit Cameron in der Angelegenheit. Auch Deutschland lehnte den ursprünglichen Kompromissvorschlag von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy als zu hoch ab. Er sah Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 1,01 Billionen Euro für sieben Jahre vor. Cameron forderte demgegenüber Kürzungen in Höhe von rund 30 Milliarden Euro. Er will vor allem bei den EU-Verwaltungsausgaben sparen, nachdem der Konservative zuhause den Sparstift angesetzt hat.

Sollte sich bewahrheiten, was "höchste EU-Kreise" unlängst dem KURIER unter Berufung auf "Geheimverhandlungen" hinter den Kulissen steckten, wird sich am EU-Haushalt nicht so viel ändern: Österreich soll ebenso wie die anderen begünstigten Länder Großbritannien, Deutschland, Niederlande und Schweden seinen EU-Beitragsrabatt behalten. Im Falle Österreichs machte der Rabatt zuletzt 180 Millionen Euro im Jahr aus.

Bereits beim EU-Gipfel im November war vereinbart worden, dass die österreichischen Bauern mit 700 Millionen Euro weniger Kürzungen als zunächst geplant rechnen können. Statt einer Reduktion von 4,1 auf rund 2,9 Milliarden Euro bei der ländlichen Entwicklung würde dies eine Kürzung auf 3,6 Milliarden Euro bedeuten.

Österreichs Nettobeitrag an die Europäische Union betrug 2011 805,1 Millionen Euro. Dies entspricht einem Anteil von 0,27 Prozent der heimischen Wirtschaftsleistung. Die Regierung rechnet damit, dass der Beitrag in den nächsten Jahren steigen wird.

Kompromiss von Van Rompuy

Im Vergleich zum derzeitigen EU-Finanzrahmen von 2007 bis 2013 werden nach dem Kompromiss von Van Rompuy sogenannte Wachstumsausgaben (Forschung, Infrastruktur, Verkehr, Strukturpolitik) mit rund 460 Milliarden Euro stärker gewichtet sein als bisher (446 Milliarden Euro), während die Landwirtschaft mit 372 Milliarden Euro Abstriche hinnehmen muss (derzeit 421 Milliarden Euro). Die EU-Kommission wollte alle Bereiche mit insgesamt 1,091 Billionen Euro wesentlich höher dotieren. Doch darf nicht übersehen werden, dass die gesamte Finanzierung der Europäischen Union nur etwas mehr als 1 Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung ausmacht (1,05 Prozent nach Van Rompuy; 1,14 Prozent nach dem Entwurf der Kommission).

Die von der EU-Kommission angestrebte grundlegende Budgetreform dürfte ausbleiben. Weder die Finanztransaktionssteuer - die von elf Pionierstaaten, darunter Österreich, eingeführt wird - noch sonst eine aufkommensneutrale Abgabe, dürfte das bestehende komplizierte Eigenmittelsystem der EU aus Mehrwertsteuer- und an der jeweiligen Wirtschaftsleistung orientierten Beiträgen der EU-Staaten ersetzen.

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