10 Jahre Flüchtlingskrise: Was die EU bisher geschafft hat

Migrants leave French coast in dinghies as UK, France tighten asylum rules
Der Asyl- und Migrationspakt ist eines der größten Projekte der EU der vergangenen Jahre. Doch bis zur Umsetzung ist der Weg noch weit.

Weniger illegale Grenzübertritte, weniger Asylanträge mehr Abschiebungen: EU-Migrationskommissar Magnus Brunner hatte zuletzt reichlich Erfolgsmeldungen zu verschicken. Die illegale Migration nach Europa geht seit einem Jahr kontinuierlich zurück. Eine Auswirkung des Asyl- und Migrationspakts, den die EU ja im Vorjahr endgültig beschlossen hat?

Wohl eher eine Vorahnung, was dieser Pakt in Zukunft bewirken könnte, wenn der denn einmal in die Praxis umgesetzt ist. Mitte 2026 soll es soweit sein. Derzeit sind es eher die Abkommen mit Transit-Staaten für Migranten wie Tunesien, der Türkei oder Ägypten, die deren Reisen übers Mittelmeer verhindern - oft mit umstrittenen Methoden.

Bis der Asylpakt tatsächlich im europäischen Alltag angekommen ist, muss noch viel Arbeit geleistet werden: technische und politische.

Eine technische Grundvoraussetzung ist eine EU-weite Datenbank, in der alle Asylsuchenden erfasst sind und die von den Behörden in jedem EU-Land abgerufen werden kann. Nur mit dieser „Eurodac“ kann sogenanntes „Asyl-Shopping“, also Mehrfach-Anträge, oder das Untertauchen von Asylwerbern, verhindert werden. Allerdings kämpfen zentrale  europäische Knotenpunkte für Ein- und Ausreisen, wie die Flughäfen, bis heute mit den Datenmengen.  

Gerechte Verteilung steht noch immer aus

Politisch schwierig wird dagegen die Umsetzung eines der zentralen Versprechen des Asylpakts: Die gerechtere Verteilung von Migranten auf die EU-Länder. Dieser „Solidaritätsmechanismus“ soll vor allem die Grenzländer am Mittelmeer wie Italien oder Griechenland entlasten, die in den vergangenen Jahren die meisten illegalen Migranten aufnehmen mussten. 

Schließlich gilt die umstrittene Dublin-Regelung auch in Zukunft. Die besagt, dass ein Asylwerber immer dorthin zurückgebracht werden soll, wo er als erstes EU-Territorium betreten hat - meistens eben die Mittelmeerstaaten.

Dieser Solidaritätsmechanismus ist nach jahrelangem Tauziehen ein lauer Kompromiss, mit dem keiner so recht zufrieden ist, vor allem nicht die Grenzstaaten. Schließlich können sich die anderen EU-Länder quasi aussuchen, auf welche Weise sie solidarisch sind: Entweder sie übernehmen tatsächlich Migranten, oder sie schicken lediglich Unterstützung in Form von Polizisten, oder Geld.

Mühsames Tauziehen wird erwartet

Nach dem Sommer will die EU-Kommission in Brüssel genau festlegen, auf welchem Land wie viel Migrationsdruck lastet und was ihm die anderen Staaten dafür schuldig sind. Ein mühsames Tauziehen wird erwartet. Auch weil Länder wie Österreich gerne darauf verweisen, dass sie in der Vergangenheit sehr viele Migranten aufgenommen haben und das solle jetzt  berücksichtigt werden. Andere Länder wie Polen machen wiederum jetzt schon deutlich, dass sie keine Regelung akzeptieren werden, die ihnen zusätzliche Einwanderung bringt.

Besser und schneller funktionieren dürfte ein weiterer wichtiger Baustein des Paktes: Die Schnellverfahren an der EU-Außengrenze, und zwar für jene Asylwerber, die aufgrund ihres Herkunftslandes nur geringe Chancen auf Aufnahme haben. Diese Verfahren sollen  innerhalb von 12 Wochen abgeschlossen sein, die Asylwerber werden in dieser Zeit an der EU-Außengrenze festgehalten. 

Oder überhaupt außerhalb der EU, wie es etwa Italien mir einem Lager für Asylwerber in Albanien versucht hat. Diese Variante begeistert viele Innenminister – etwa Österreichs Gerhard Karner –  die ähnliche Pläne mit anderen Staaten schmieden, und sie rufen zugleich die Gerichte auf den Plan, die eine solche Auslagerung von Menschen für illegal und unvereinbar mit EU-Recht halten.  Bis also all diese Zentren gebaut und bis ihr Betrieb tatsächlich rechtlich wasserdicht ist, dürfte auch noch einige Zeit vergehen. Der Start Mitte 2026 wird jedenfalls knapp. 

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