Bisher schickte Nordkorea die meisten Raketen auf steiler Flugbahn in Richtung Weltraum, sodass sie nicht in den Luftraum der Nachbarstaaten eindrangen. Mit einem sogenannten Überflug über Japan, wie in der Nacht auf Dienstag, dürften nordkoreanische Militärs die Raketen unter realeren Bedingungen testen wollen.
4.600 Kilometer weit soll die ballistische Rakete geflogen sein, bevor sie in den Pazifischen Ozean stürzte – so weit, wie noch keine nordkoreanische Rakete zuvor. Südkorea reagierte darauf mit zwei Präzisionsbomben, die es im Gelben Meer abwarf.
Experten uneinig
Laut dem Sicherheitsexperten Heinz Gärtner geht es Nordkorea aber nicht um Japan selbst: „Japan ist ein Verbündeter der USA. Die Rakete hätte wahrscheinlich auch über Südkorea fliegen können.“ Vielmehr könne es sich um eine Art Drohung handeln, „nach der Art: Die USA sollen ja nicht versuchen, Japan als ein Sprungbrett nach Nordkorea zu verwenden“.
Gärtner hält die geopolitische Lage für einen Grund dafür. Nordkorea wolle sich Aufmerksamkeit zurückholen, jetzt wo alle Augen auf die Ukraine gerichtet sind. Es passiere auch nicht zufällig, dass Nordkorea am gleichen Tag die russischen Annexionen in der Ostukraine anerkenne.
Laut Rüdiger Frank von der Universität Wien könnte Nordkorea es hingegen ausnützen wollen, dass die Aufmerksamkeit gerade woanders liegt: „Nordkorea rechnet dadurch vielleicht mit weniger Konsequenzen.“ Bei der Rakete über Japan handle es sich vor allem um ein Abschreckungsmanöver und eine Art „Leistungsschau“. Nordkorea wolle damit womöglich zeigen, verteidigungsbereit zu sein.
Neue Waffendebatten
Der japanische Ministerpräsident Fumio Kishida bezeichnete das Vorgehen Nordkoreas als „barbarisch“ und kündigte eine genaue Untersuchung des Vorfalls an. Sanktionen und weitere mögliche Schritte gegen Nordkorea wolle man mit den Verbündeten besprechen, sagte Regierungssprecher Hirokazu Matsuno am Dienstag in einer kurzen Pressekonferenz.
Experte Heinz Gärtner vermutet, dass es nun zu verstärkten Aufrüstungsdebatten in Südkorea und Japan kommen könnte.
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