"Ich sehe tatsächlich Zeichen für Hoffnung"

Tuomioja: „Bewaffnete Gruppen sind große Bedrohung“.
Finnlands Außenminister Erkki Tuomioja über die Ukraine, die OSZE und einen möglichen NATO-Beitritt.

In seiner Geschichte war Finnland zeitweise Teil des Russischen Reiches, immer wieder traf es auf Russland als Kriegsgegner und Besatzer. Im Kalten Krieg war das blockfreie Finnland bemüht, gute Beziehungen zum mächtigen Nachbarn Sowjetunion zu pflegen, ihn aber auf Distanz zu halten. Wie denken die Finnen heute? Der KURIER befragte den sozialdemokratischen Außenminister Erkki Tuomioja (67).

KURIER: Wie sehen Sie die Situation in der Ukraine?

Ich denke, wir Finnen haben eine ähnliche Sicht der Lage wie Österreich. Wir unterstützten beide die OSZE, ihre Missionen und ihren Fahrplan, der vielleicht der einzige Weg ist, um vorwärts zu kommen. Aber das wird ein schwieriger Prozess. Die Präsidentschaftswahlen konnten fair gehalten werden. Durch die Waffenpräsenz konnten zwar nicht alle ihre Stimme abgeben, aber das ändert nichts an der Rechtmäßigkeit. Auch Russland hat das als positiven Schritt gesehen und ist offen für ein Treffen mit dem gewählten Präsidenten, Petro Poroschenko.

Sie glauben, wir können optimistisch sein?

Naja. Ich bin von Natur aus ein Pessimist (lacht). Aber ich sehe tatsächlich Zeichen für Hoffnung, wenngleich wir noch immer am Beginn eines sehr langen Prozesses sind. Und ich bin mir auch der Faktoren bewusst, die alles verkomplizieren. So gibt es immer mehr bewaffnete Gruppen in der Ukraine – vor allem auf Seiten der Separatisten, aber auch auf der anderen Seite –, die nicht länger der direkten Kontrolle eines Staates, einer Partei unterstehen. Russland hat sicher Separatisten nicht nur ermutigt, sondern auch auf vielen Wegen unterstützt. Dennoch halten sich nicht alle Separatisten an die Anweisungen aus Moskau. Und diese Leute sind aktuell eine noch viel größere Bedrohung als jene, die Befehle von irgendeiner Seite bekommen. Denn diese Leute sind unberechenbarer.

Gibt es einen Stimmungswechsel bei den Finnen, doch der NATO beizutreten?

Nein. Die öffentliche Meinung ist hier sehr klar.

Ist der frühere Staatschef Martti Ahtisaari in der Minderheit?

Ja. Und er tritt übrigens schon seit 20 Jahren für unseren NATO-Beitritt ein.

Aber Finnland plant ein Sonderabkommen mit der NATO?

Wir verhandeln schon seit dem Jahr 2002 über ein Gastland-Abkommen mit der NATO. Im Herbst ist die Unterzeichnung geplant, aber das verpflichtet uns – und auch die NATO – zu nichts.

Herr Minister, würde Finnland harte Wirtschaftssanktionen der Europäischen Union gegen Russland (Stufe 3) unterstützen? Ihr Land deckt seinen Gasbedarf zu 100 Prozent durch russisches Gas ...

(Unterbricht scharf) Das hat gar nichts zu sagen. Zurzeit steht aber eine weitere Verschärfung der Sanktionen nicht zur Debatte.

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