Erinnerungen an Helmut Schmidt

Es ist eine seltene Gnade, so alt zu werden wie Helmut Schmidt, und bis zum Schluss geistig rege und körperlich aktiv zu sein. Selbst im Rollstuhl, den Schmidt seit einigen Jahren auch bei öffentlichen Auftritten verwendete, ging eine ungeheure Energie von dem alten Mann aus, der schnell ins Dozieren verfiel, dabei nicht uneitel, aber immer spannend war.

Viel bleibt vom Hamburger aus dem Stadtteil Bergedorf. Zweierlei soll hier hervor gehoben werden. Als Helmut Kohl den Bundeskanzler Helmut Schmidt mit dem sogenannten konstruktiven Misstrauensvotum stürzte, bei der eine parlamentarische Mehrheit aus CDU, CSU und großen Teilen der FDP für Kohl stimmte, ging er mit steinerner Miene zu seinem Nachfolger und gratulierte ihm. Er akzeptierte diese Mehrheit, so wie er zuvor zur Kenntnis nehmen musste, dass ihm seine SPD bei der Nachrüstung nicht folgte.

Als Herausgeber der ZEIT, Autor und Vortragender kam er dann immer wieder auf ein zentrales Thema der Demokratie zu sprechen: Auf die Qualität des politischen Führungspersonals. Schmidt verachtete geradezu Politiker, die keinen Beruf erlernt, also auf die Politik angewiesen waren. Er selbst hatte Volkswirtschaft studiert und arbeitete als Amtsleiter. Während der großen Sturmflut war er bereits Senator in Hamburg und bewährte sich als Krisenmanager.

„Jemand, der in die Politik geht, ohne einen Beruf zu haben, kann mit gestohlen bleiben. Ich kenne leider genug von denen“, sagte er in der ihm eigene Kompromisslosigkeit. Nur die Möglichkeit der Rückkehr in einen Beruf garantiere Unabhängigkeit. Und sein Urteil über Bundestagsabgeordnete: “Fleißig sind sie, aber ihre Kenntnisse der Geschichte sind nicht ganz ausreichend.“ Das hat ihn stets bewegt: Dass unsere Zeit nur verstehen kann, wer die Geschichte gut kennt. Und noch etwas riet er den Politkern stets: Sich auf ein Thema zu konzentrieren, bei dem man sich wirklich gut auskennt. Niemand könne alles verstehen, aber die Fraktionen würden Fachleute brauchen, auf die sich andere Abgeordnete verlassen könnten.

Helmut Schmidt hat viel zurückgelassen: Kluge Bücher, großartige Interviews, weise Sprüche. Und ewig gültige Erkenntnisse über die Voraussetzung für gute Politiker.

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