Erdoğan rudert zurück und will Pence nun doch treffen
Der US-Vizepräsident Mike Pence wollte am morgigen Donnerstag den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan treffen, um mit ihm über die türkische Offensive in Nordsyrien zu sprechen. Vorerst wollte ihm der türkische Präsident die Türe vor der Nase zuschlagen: „Ich werde sie nicht treffen. Sie werden ihren jeweiligen Gegenpart treffen. Ich werde nur sprechen, wenn Trump kommt“, sagte Erdoğan dem Sender "Sky News". Nun hat er seine Meinung offensichtlich geändert und empfängt ihn doch.
Pence und Außenminister Mike Pompeo wollen sich in Ankara für eine Waffenruhe zwischen der Türkei und den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) in Nordsyrien einsetzen. Erdoğan hat eine Waffenruhe bereits abgelehnt, solange die Kurdenmiliz in der von der Türkei geplanten "Sicherheitszone" entlang der türkischen Grenze präsent sei. In der Rede vor dem Parlament wies er jede Vermittlung zurück, da die Türkei sich nicht mit einer "Terrororganisation" an einen Tisch setzen werde.
Offensive verläuft nicht nach Plan
Womöglich benötigt der türkische Präsident in Bälde eine solche Sitzung, denn seine Offensive verläuft nicht nach Plan: In Nordsyrien kämpfen die Kurdenmilizen nach Angaben von Aktivisten jetzt teils auch an Seite syrischer Regierungstruppen gegen die von der Türkei unterstützten Rebellen. Bei Gefechten in der Nähe des Orts Ain Issa seien die Kurdenmilizen und die syrische Armee gemeinsam in Kämpfe verwickelt, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Mittwoch mit.
Auch nahe der Schnellstraße M4, die entlang einer wichtigen Versorgungsroute für die Kurdenmilizen führt, werde gekämpft. Dort haben die syrischen Truppen bereits ihre Soldaten stationiert - ein großes Hindernis für die türkischen Kräfte, die die gesamte Straße unter ihre Kontrolle bringen wollten.
In der Türkei selbst sind einem Medienbericht zufolge fast 200 Menschen wegen Kritik an dem Vorgehen in Nordsyrien festgenommen worden. Insgesamt 186 Menschen seien unter dem Vorwurf der „Propaganda für eine Terrororganisation“ in den sozialen Netzwerken festgenommen worden, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.
Gegen 24 sei Untersuchungshaft verhängt worden. Wie bei den beiden früheren Offensiven gegen die syrische Kurdenmiliz 2016 und 2018 geht die türkische Justiz mit großer Härte gegen Kritiker vor. Laut Anadolu wurden seit dem Beginn des Einsatzes vor einer Woche 839 Verdächtige festgestellt, die „illegale Inhalte in den sozialen Netzwerken“ geteilt hätten. Auch gegen die beiden Ko-Vorsitzenden der prokurdischen Demokratischen Partei der Völker (HDP) wurden bereits Ermittlungen eingeleitet.
Die HDP ist die einzige Partei, die sich offen gegen die Intervention in Nordsyrien stellt. Sie hat die Offensive als „Invasion“, „Aggression“ und „versuchte Besatzung“ kritisiert. Die mit der Regierung verbündete ultranationalistische MHP ebenso wie die oppositionellen Parteien CHP und IYI unterstützen dagegen das Vorgehen. Die Regierung betrachtet die HDP als politischen Arm der verbotenen PKK-Guerilla, die eng mit der YPG verbunden ist.
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