Eine Milliarde Dollar Strafe – doch Alex Jones macht weiter

Eine Milliarde Dollar Strafe – doch Alex Jones macht weiter
Der bekannte Verschwörungsguru muss Amoklauf-Opfer entschädigen.

Für jemanden, der gerade zu Schadensersatzzahlungen in Milliardenhöhe verurteilt wurde, ist Alex Jones alles andere als niedergeschlagen: „Wir gehen nirgendwo hin“, schreit der 48-jährige Texaner mit gewohnt heiserer Stimme in seinem Internet-Sender Infowars seinen Fans zu. „Wir hören nicht auf!“ Was der inoffizielle König der rechtsradikalen amerikanischen Verschwörungstheoretiker damit meint: Nicht nur bei „Sandy Hook“, auch bei „Uvalde“ und „Parkland“, zwei Schulmassakern jüngeren Datums in den USA, sei nicht klar, was wirklich geschehen ist.

Das zeugt von einem gewissen Maß an Dreistigkeit, bedenkt man, dass Jones am Mittwoch wegen Verleumdung und Ehrenkränkung zu Zahlungen in beispielloser Höhe von 965 Millionen Dollar an Eltern von Kindern und Angehörige von Lehrern verurteilt worden war, die vor zehn Jahren beim Amoklauf von Adam Lanza in der Sandy-Hook-Grundschule in Newtown/Connecticut mit einem Sturmgewehr niedergemäht worden waren.

Gräber geschändet

Über Jahre hatte Jones, der schon die Terror-Anschläge vom 11. September 2001 als vom FBI inszeniert bezeichnete, seine Millionen Zuhörer mit der Lügenerzählung bombardiert, das Massaker habe es nie gegeben. Trauernde Eltern der 20 toten Kinder (es starben inklusive Täter auch acht Erwachsene) wurden von ihm als bezahlte Schauspieler verunglimpft, die sich vor den Karren von Politikern hätten spannen lassen, um strengere Waffengesetze durchzusetzen. Mit der Folge, dass Opfer-Eltern von Jones-„Jüngern“ bedroht und die Grabstätten einiger Kinder geschändet wurden.

Erst in diesem Sommer räumte Jones vor Gericht halbherzig ein, die Tragödie sei „100 Prozent real“ gewesen. US-Zeitungen und Tausende in den sozialen Medien kommentierten die Entscheidung der Geschworenen-Jury mit „endlich“ und „lange überfällig“. Manche wähnen nun eine der „größten Dreckschleudern für immer abgeschaltet“.

Sie sehen im Ausgang des Prozesses einen „Warnschuss“ an Dutzende andere Verschwörungstheoretiker, von Anhängern des QAnon-Kults bis zu Trump-Helfershelfer Steve Bannon, die das in den USA weit gefasste Recht auf Redefreiheit regelmäßig überstrapazieren. Rechtsexperten warnen jedoch vor zu viel Optimismus. Jones, mit unverändert großer Gefolgschaft ausgestattet und weiter auf Sendung, sagt selber: „Glaubt wirklich irgendwer, dass die Eltern mein Geld kriegen?“

Geld verschoben

Ahnend, was kommt, hatte er bereits im Sommer für die Mutter-Firma von „Infowars“ – Free Speech Systems LLC – Gläubigerschutz beantragt. Dabei wurden nach Informationen der Opfer-Anwälte Millionensummen auf seine persönlichen Konten verschoben. Der ideologische Mitunterstützer des Umsturzversuchs von Ex-Präsident Donald Trump am 6. Jänner 2021 am Kapitol in Washington habe sich „geschickt arm gerechnet“. Dabei wurde im Gericht ein Experte vernommen, der Jones’ Firma Jahresumsätze um die 65 Millionen Dollar und dem Boss ein Privatvermögen von bis zu 270 Millionen Dollar attestierte. Um das abschöpfen zu können, sagen Juristen, „müssen weitere Prozesse angestrengt werden“.

Die Hebel gegen Jones, der sich auf jahrelange Berufungsverfahren einstellt, sind begrenzt. Vor vier Jahren haben Youtube, Facebook, Apple, Spotify und Twitter ihn wegen fortgesetzter Verhetzung von ihren Plattformen verbannt.

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