Eine Milliarde Dollar Strafe für Verschwörungstheoretiker

Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis Alex Jones' wilde Theorien, die er in Podcasts und Online-Sendungen auf seiner Seite Infowars verbreitet, ihn heimsuchen würden. Der rechtsradikale Moderator betreibt eine tägliche Radiosendung sowie regelmäßige Video-Formate, in denen er im Verlauf der Jahre kaum eine Verschwörungstheorie ausließ.
In Jones' Gedankenwelt ist so ziemlich alles Schlechte und Verwerfliche an der modernen US-Gesellschaft auf eine Elite von Geschäftsleuten zurückzuführen, die vor allem die Demokratische Partei mithilfe von Bestechungsgeldern kontrollieren würden. Fast jeden Skandal der jüngeren US-Geschichte führt Jones in seinen Sendungen auf diese unbekannten, elitären Kreise zurück.
Auch an dem Sturm auf das Kapitol von Anhängern des Ex-US-Präsidenten Donald Trump am 6. Jänner 2021 nahm Jones teil und berichtete damals live. Zuvor hatte er - ganz im Sinne Trumps - das Wahlergebnis als gefälscht erachtet und für ungültig erklärt.
Ein Auszug seiner wildesten Theorien:
Geschäft mit der Angst
Jones vertreibt auf seiner Webseite etliche Produkte, die angeblich das "Selber-Denken" fördern und vor dem Einfluss der "Eliten" schützen wollen: Angebliche Medikamente, Gegenmittel gegen in der Luft verbreitete Gifte, Potenzpillen - und Schusswaffen. Immer wieder war Jones in der Vergangenheit wegen seiner Behauptungen mit den Behörden in Konflikt geraten, kleinere Verurteilungen und Strafzahlungen sind in sein Geschäftsmodell aber einkalkuliert.
Eine Theorie, die er seit Jahren ständig wiederholte, dürfte Jones nun aber finanziell ruinieren.
Jones behauptete immer wieder, das Schul-Massaker an der Sandy-Hook-Volksschule im US-Bundesstaat Connecticut, bei dem ein Amokläufer im Jahr 2012 26 Schüler und Lehrer tötete, sei inszeniert worden. Mithilfe von Schauspielern hätten die Demokraten damit strengere Waffengesetze durchsetzen wollen, so Jones.
Der Amoklauf in Sandy Hook gilt in vielerlei Hinsicht als Präzedenzfall für die US-Justiz: Erst Anfang des Jahres war der Herstellerkonzern der Tatwaffe zu einer Schadenszahlung an die Hinterbliebenen der Opfer in Millionenhöhe verurteilt worden. Das hatte es zuvor noch nie gegeben.
Schon im August hatte ein Geschworenengericht in Texas Jones zu einer Entschädigungszahlung von rund 50 Millionen Dollar an ein Elternpaar eines getöteten Kindes verurteilt. Die Summe sollte abschreckend wirken, Jones erklärte aber zunächst, sie "locker" stemmen zu können.
Bei der Strafe, die ein Gericht in Connecticut am Mittwochabend aussprach, wird er das nicht mehr können: Das Urteil besagt, dass Jones insgesamt 965 Millionen Dollar (992,5 Mio. Euro) an Hinterbliebene bezahlen muss. 15 Angehörige von getöteten Schülern und Lehrern sowie ein FBI-Agent, der zu den Ersthelfern bei dem Schul-Amoklauf gehört hatte, hatten sich der Sammelklage angeschlossen.
"Glauben die ernsthaft, dass sie jemals Geld von mir bekommen werden?"
Die Strafe ist vor allem deshalb so hoch, weil alle Klägerinnen und Kläger gesammelt von Drohungen und Schikanen erzählten, die sie im Verlauf der Jahre durch Jones-Fans ertragen mussten. Eine Familie gab etwa unter Tränen an, wie sie jahrelang von Fremden zu Hause besucht, bedroht und belästigt wurden. Sie hätten wegen Jones' Sendung in Angst leben müssen.
Dass Jones die gesamte Strafhöhe bezahlen wird können, gilt als ausgeschlossen. Schon während des Verfahrens hatte er angekündigt, nur maximal zwei Millionen Dollar zahlen zu können - obwohl das Gericht den Wert seines Medienkonzerns auf knapp 270 Millionen Dollar schätzte. Im Anschluss an das Urteil tönte Jones bereits in seiner nächsten Sendung: "Diese Menschen glauben doch nicht ernsthaft, dass sie jemals Geld von mir bekommen werden?"
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