Ein Österreicher an der Spitze einer der ältesten Institutionen der EU

Oliver Röpke, Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA)
Man nehme: Vertreter aus den 27 EU-Staaten, von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden, von der Zivilgesellschaft und NGOs, bringe sie alle unter ein Dach – und hat dann als Ergebnis so etwas wie eine EU im Miniaturformat.
Mit einer Einschränkung: Gesetze kann der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) weder vorschlagen noch durchsetzen.
„Aber wir beraten und geben Stellungnahmen ab – etwa, wenn es darum geht, die sozialen Rechte in Europa zu stärken oder die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft zu forcieren“, sagt Oliver Röpke.
Der 52-jährige Jurist aus Wien wurde vor Kurzem zum Präsidenten der EWSA gekürt – und folgt in dieser Funktion wiederum einer Österreicherin, Christa Schweng, nach.
Eine der größten Herausforderungen für den in Brüssel seit 20 Jahren bestens vernetzten Oliver Röpke: Außerhalb des EU-Viertels in der belgischen Hauptstadt kennt den Wirtschafts- und Sozialausschuss der EU nahezu niemand.
Und das, obgleich der EWSA mit fast 65 Jahren eine der ältesten Institutionen der Europäischen Union ist.
Hat doch jemand von ihm gehört, wird er auch noch oft belächelt: Verstaubt sei das Haus mit seinen knapp 600 Mitarbeitern, ist an Kritik zu hören. Und angesichts der großen Player in der riesigen Brüsseler Gesetzgebungsmaschine – wie etwa Kommission, Regierungen, EU-Parlament oder Lobbyisten – sei der EWSA nur ein kleines Licht.
Das will Röpke so nicht gelten lassen. „Wir sind das einzige Gremium, das hier die Zivilgesellschaft vertritt. Wenn es uns nicht geben würde, hätten vielleicht viele Arbeitgeber oder Gewerkschafter oder NGOs aus einigen EU-Ländern hier keine Stimme.“
Gesundheitsunion
Die Kernarbeit des EWSA: Über fast alle Gesetzesvorschläge der EU-Kommission werden Stellungnahmen abgegeben – mit Mehrheitsbeschluss. Oder es werden Forderungen erarbeitet – wie etwa nach der Gründung einer EU-Gesundheitsunion.
„Als eine Lehre aus der Pandemie waren wir die Ersten, die verlangt haben, dass Europa vorangehen und künftig besser vorbereitet sein muss. Und wenn notwendig, müssen hier auf europäischer Ebene mehr Kompetenzen geschaffen werden.“
Der EWSA, so der Arbeitsrechtsexperte Röpke, sei nicht „die lauteste Stimme, aber wir haben durchaus Einfluss“. Das künftige Ratsvorsitzland, Spanien, habe etwa bereits vorab angefragt, ob der EWSA bei 22 politischen Initiativen mitarbeiten könne.
Röpke, der lange das ÖGB-Europabüro in Brüssel geleitet hat, will einen Schwerpunkt seiner bis 2025 dauernden Präsidentschaft auf die EU-Kandidatenländer lenken. Ob auf dem Westbalkan, in der Ukraine oder Moldawien, die Gruppen der Zivilgesellschaft in den Kandidatenländern sollen aktiv zu einer Zusammenarbeit mit dem Wirtschafts- und Sozialausschuss herangeführt werden.
Und da wäre noch das Thema Wasser: Im Lauf des Jahres will der EWSA konkrete Maßnahmen vorschlagen, wie eine umfassende EU-Wasserstrategie umgesetzt werden könnte.
Da geht es um Trinkwasser, aber auch um nachhaltigere Wasserbewirtschaftung. Sprich um einen ganzen Wirtschaftskreislauf um Wasser – „einen blauen Deal“ für Europa.
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