Ein gemeinsamer Feind eint die USA und den Iran
So geeint waren die syrischen Rebellenfraktionen seit Langem nicht. Gemeinsam gehen derzeit säkulare, gemäßigt islamische, aber auch fundamental-islamistische Gruppen gegen einen Feind vor – und es ist nicht das Regime von Bashar al-Assad. Es ist die ISIS, die Gruppe Islamischer Staat im Irak und der Levante. Eine bestens ausgerüstete Organisation, die im Irak derzeit mehrere Städte besetzt hält und in Syrien hinter der Front mit Peitschen und Macheten ihre Ansichten von Islam umzusetzen versucht. Kämpfe mit bisher mehreren Hundert Toten toben zwischen der ISIS und der Rebellenallianz. Am Mittwoch fiel das ISIS-Hauptquartier in Aleppo.
An den Kämpfen beteiligt sich dabei aufseiten der Allianz auch eine Gruppe, die der ISIS nahestand: Die Al-Nusra-Front, die sich wie die ISIS der El Kaida verbunden sieht, sich aber auf Syrien fokussiert und nicht in dem Maß wie die ISIS Rivalitäten zwischen Volks- und Religionsgruppen schürt. Sie bringt sich jetzt als Vermittler ins Spiel. Ihr Chef, Mohammed Al-Jolani, schlug in einer Botschaft die Schaffung eines islamischen Vermittlungskomittees vor. Die ISIS veröffentlichte ihrerseits eine Warnung: „Keiner von euch wird überleben“, hieß es an die Adresse der Allianz.
Im Westen des Iraks toben derzeit schwere Gefechte. Kämpfer der ISIS haben dort Dörfer sowie die Städte Ramadi und Falludscha besetzt. Die Armee hat sie eingekreist.
Schwindender Einfluss
Die ISIS stellt derart die geopolitische Gemengelage auf den Kopf – mit verheerenden Folgen für die USA, deren Einfluss in der Region ohnehin schwindet. Lange hatte man gezögert, bis man sich durchrang, den mehr und mehr schwächelnden Dachverband der syrischen Rebellen, die Freie Syrische Armee (FSA), zu stützen. Das, während die US-Verbündeten Saudi-Arabien und vor allem Katar Unsummen an vor allem extremistische Gruppen gaben. Das Rennen um Geld und Waffen wurde zu einem Wettlauf, in dem gewinnt, wer die extremere Position vertritt. Die Folge ist die ISIS, die sich vermutlich durch Privatspenden aus den Golf-Emiraten finanziert.
Dem Iran eröffnet das die Chance, in der Rivalität mit Saudi-Arabien seinen Anspruch als Regionalmacht zu stärken. Der Aufstieg der ISIS bietet Teheran zudem Rechtfertigung für Waffenhilfe an Assad und die schiitische Hisbollah im Libanon.
Den USA auf der anderen Seite kommen die Alliierten in der Region abhanden. In Syrien haben sie nun die Wahl, das Weiterbestehen der Achse Iran-Assad-Hisbollah zu billigen oder ein Rebellenbündnis zu stützen, in dem die Al-Nusra-Front eine tragende Rolle spielt. Eine Gruppe, die auf der US-Terror-Liste steht.
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