"Weibliche Perspektive"
Wie viel ist zu spüren von der „weiblichen Perspektive“, die größere Erfolge bei der Konfliktlösung verspricht und Licht auf Themen werfen will, die Männer übersehen könnten? Und: Bleibt bei so einem „Vorzeige-Event“ überhaupt Zeit für Sachpolitik?
„Fast ein Ausflug“
„So eine weibliche Runde – das wäre ja fast ein schöner Ausflug, würde es wo anders hingehen“, begrüßt Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) eine kleine Delegation österreichischer Journalistinnen in den Morgenstunden, bevor sie in den Privatjet steigt. Ein bezeichnender Satz, er ist auch nach der Landung spürbar.
Moldau hat tatsächlich viele Probleme – allen voran die Armut, das Durchschnittseinkommen liegt bei 560 Euro. Gewalt gegen Frauen kommt hier häufig vor. Die Politik dreht sich im Ex-Sowjetland dieser Tage aber um etwas anderes: Nachbar Russland und die große Angst vor einer Invasion im Kreml-freundlich gestimmten Teil Transnistrien. Der Krieg in der Ukraine ist für die Moldawier nicht weit weg, 100.000 Flüchtlinge hat das kleine Land bereits aufgenommen. Zusammen mit der Ukraine hat Moldau den Status als EU-Bewerberland erhalten.
Kampfansage?
Ministerin Edtstadler – im dunklen Anzug, aber mit rosa Akzenten – präsentiert sich stolz als Initiatorin des Formats „Next Generation is female“. „Die nächste Generation ist weiblich“ – eine Kampfansage an die Männer, welche die Weltpolitik seit jeher dominieren? „Der Begriff ist bewusst zugespitzt. Wenn man das Wort Feminismus nicht in den Mund nimmt, bekommt man keine Aufmerksamkeit“, sagt Edtstadler. Eine Politik gegen Männer bedeute das Format keineswegs, wiederholt sie oft, es brauche deren Unterstützung.
Der Termin offenbart inhaltlich wenig Neues, zeigt aber, wie divers das Frausein in Wahrheit ist. Manche Ministerinnen sprechen laut und selbstbewusst, manche geben sich zurückhaltend und leise. Die einen tragen pinke Power-Suits, die anderen ganz bewusst nicht. Es gibt Momente, in denen sie kichern. Und es gibt Momente, in denen sie ernste Mienen aufsetzen. Die eine Politikerin existiert genauso wenig wie die eine Frau.
Und so stark und geeint die Ministerinnen sich bei diesem Termin auch zeigen wollen, ist ein Umstand wohl doch auch bezeichnend: Am Ende des Tages ist es dann doch ein Mann, der das längste Pressestatement gibt. Außenminister Nicu Popescu spricht statt Präsidentin Maia Sandu, deren Statement spontan abgesagt wird.
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