USA

Drohnen: Auf der Suche nach Spielregeln

Das Töten per Knopfdruck wird scharf kritisiert. Eine legale Grundlage lässt auf sich warten.

Ein versteckter Krieg ohne eigene Verluste, das Abhaken einer Todesliste aus sicherer Entfernung: Für die USA ist der Einsatz von Kampfdrohnen eine Strategie, bei der sie scheinbar nur gewinnen können. Aufständische und Terroristen können gezielt in Tausenden Kilometern Entfernung getötet werden; wer der Präzision der Drohnen zum Opfer fällt, werde laut offiziellen Angaben zuvor „ausführlich geprüft“, unterliegt jedoch keiner Kontrolle von außerhalb. Sprich: Das Weiße Haus wählt zum Tod Geweihte in Pakistan, Jemen oder Somalia aus. Jene Hunderte Zivilisten, die bei der Verfolgung von Terroristen aus Versehen mit in den Tod gerissen werden, sind „Kollateralschäden“. Seit Beginn der ersten Amtszeit des Friedensnobelpreisträgers Barack Obama hat der Einsatz der unbemannten Tötungsmaschinen außerhalb von Kriegsgebieten drastisch zugenommen. Dabei liegt es in der Macht des Geheimdiensts CIA, die Drohnen zu schicken. Doch eine große Frage kam während des vergangenen Wahlkampfes im Sicherheitsstab des Präsidenten auf: Was passiert, wenn Obama nicht Präsident bleibt? Soll man einem republikanischen Nachfolger die Verantwortung in die Hand legen, Menschen ohne Gerichtsverfahren und ohne völkerrechtliche Grundlage töten zu lassen? Das war der Anlass für fieberhafte Beratungen auf der Suche nach einem allgemein gültigen Leitfaden.

Neue Feinde

Bisher bestehen interne Spielregeln im Weißen Haus, die die Vorgehensweise bestimmen sollen. Doch eilig hat es Obama nach seinem zweiten Wahlsieg im November nicht mehr, den Drohnenkrieg darüber hinaus zu legalisieren. Und das, was Menschenrechtler und Experten kritisieren, ist nicht nur die Abstinenz einer rechtlichen Grundlage; auch, dass die Drohnen „sauber“ töten könnten, also mit so wenigen unbeteiligten Opfern wie möglich, sei nicht richtig. Laut dem Büro für Investigativen Journalismus in London beträgt die Zahl der getöteten Zivilisten allein in Pakistan, einem Hauptziel der Drohnen, seit 2004 bis zu 800; rund ein Fünftel davon Kinder.
Die CIA sieht sich indes mit Klagen von Familien konfrontiert, deren Angehörige dem Töten per Knopfdruck versehentlich zum Opfer fielen. Dass diese Klagen Erfolg haben werden, scheint aussichtslos; doch das Image der „präzisen Tötungswaffe“ ist mehr als angekratzt.
Mit dem ungehemmten Einsatz der Flugkörper beseitigen die USA zudem nicht nur Feinde, sie schaffen auch eine Vielzahl neuer. Pakistan etwa protestiert scharf gegen den einseitigen Einsatz. Eine Studie der Unis Stanford und New York kam zum Schluss, dass die gesamte Zivilbevölkerung Pakistans „terrorisiert“ würde. Die Menschen in den Stammesgebieten müssten wegen der Drohnen in ständiger Angst leben und fühlten sich wehrlos. Auch das schafft neue Aufständische, neuen Hass auf die USA. Kritiker bleibt in der Wartezeit bis zu einer verlässlichen rechtlichen Regelung ein Lichtblick: Der glühendste Verteidiger des Drohnenkriegs, CIA-Chef David Petraeus, musste wegen seiner Sex-Affäre zurücktreten.

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