Dritte TV-Debatte: Letzte Chance verpasst
Nashville, Tennessee. Sie haben schon T-Shirts gedruckt: „Spoiler Alert: Hillary wins“ Auf ihren roten Kappen steht „Make America Clinton Again“. Es könnte ein Erdrutschsieg werden, der klarste Sieg seit Jahrzehnten, glaubt Beth Roth, Vizechefin der demokratischen Partei im Nashville umgebenden Davidson County. Im „Party Bowl“, einer Bar ein paar Minuten außerhalb von Downtown haben sich die Demokraten Nashvilles versammelt, um knapp drei Wochen vor der Wahl die letzte Debatte zwischen Donald Trump und Hillary Clinton zu verfolgen. Rund 50 Menschen haben sich hier versammelt, es ist gesteckt voll, serviert werden Bier und Chicken Wings.
„I'm With Her!“
Es ist ein vor allem ein großes Spektakel, das sich hier abspielt. So wie ein Football-Match, bei dem man sich trifft, um sein Team zu feiern. Auf CNN ist alles, was in den letzten Minuten vor der Debatte passiert, „Breaking News“, beispielsweise: Hillary Clinton trifft in der Halle in Las Vegas ein, in der die Debatte stattfindet, und zum ersten Mal jubelt hier der ganze Saal. „Keine Sorge, sobald die Debatte beginnt, wird es leise“, verspricht Gary Bynum, der lokale Parteivorsitzende. Drei Minuten vor der Debatte steigt er auf einen Sessel und sagt: „Wir wissen alle von den ersten beiden Debatten, wer der bessere Kandidat ist, also jetzt alle: I'm With Her!“
Chris Wallace von Fox News moderiert die Debatte, wie beim letzten Duell gibt es keinen Handshake zwischen den Kandidaten. Es ist der Supreme Court, der als erstes Thema ist, nachdem hier Clinton bejubelt und Trump ausgebuht wurde. Clinton beklagt, dass der Kongress die Nachbesetzung des durch den Tod von Antonin Scalia frei gewordenen Sitz verweigert hat, bis ein neuer Präsident gewählt ist. Während Trump das Thema mit dem Second Amendment verknüpft, das das Recht auf Waffenbesitz behandelt – und stolz darauf verweist, dass die Waffenlobbyisten der National Rifle Association (NRA) sich für ihn ausgesprochen haben. Er verspricht zudem, Richter für den Supreme Court zu ernennen, die „pro-life“, also Abtreibungsgegner sind. In den ersten zwanzig Minuten ist es eine sehr zivilisierte Debatte – das war die erste aber auch, bevor sie in den letzten dreißig Minuten eskalierte.
Die Debatte in Zitaten
„Bad Hombres“
Als die Debatte zu Immigration und Trumps Mauer zu Mexiko wechselt, bricht im „Party Bowl“ nicht mehr Empörung, sondern Gelächter aus. Die Empörung folgt, als Trump von den vielen „bad hombres“ aus Mexiko spricht, die in den USA seien. „Er ist so ein Rassist“, ruft eine Zuschauerin. Clinton wirft ihm vor, seine Mauer zu Mexiko nichtmal angesprochen zu haben, als er den Präsidenten Mexikos getroffen hat, und dass er seinen Trump Tower mit der Hilfe von jenen illegalen Einwanderern erbaut habe, die er nun abschieben will. Trumps Konter ist seltsam: Er sagt, dass auch unter Obama Millionen illegale Migranten abgeschoben wurden. Überhaupt wirkt er anfangs angeschlagen, fast motivationslos.
Trumps großen Trumpf, die Wikileaks-Enthüllungen, nimmt ihm Clinton aus der Hand, indem sie sie selbst aufs Tapet bringt und als Einmischung Russlands in den Wahlkampf bezeichnet – und Trump in die Defensive bringt, indem sie ihn als Puppe Putins bezeichnet und auffordert, sich von dieser Einmischung Russlands zu distanzieren. Beim nächsten Thema, der Wirtschaft, wirft der Moderator Trump vor, dass sein Plan sogar von konservativen Ökonomen als unrealistisch bezeichnet wird. Während Trump Clinton vorwirft, in dreißig Jahren in der Politik das nicht umgesetzt zu haben, was sie jetzt verspricht. Sie habe zwar Erfahrung, aber schlechte Erfahrung – mit diesem wiederholten Vorwurf dürfte Clinton gerechnet haben, was sie darauf sagt, ist ihr vermutlich nicht spontan eingefallen: „Während ich im Situation Room war, als Bin Laden gejagt wurde, hat Trump eine Reality-Show moderiert.“
„Wrong“
Trumps Taktik ist es offenbar, es diesmal ruhiger und präsidentieller anzugehen, jedenfalls nach einer Stunde. Das entgleitet, als es um die Anschuldigungen sexueller Übergriffe geht, wo Trump sagt, er habe sich nichtmal bei seiner Frau entschuldigt, weil er nichts Falsches getan habe. Die Anschuldigungen seien vermutlich von Clinton „schmieriger Kampagne“ gesteuert. Er beginnt wieder „Wrong“ ins Mikrofon zu sagen, wenn Clinton spricht, und als sie ihm die Angriffe auf eine behinderte Journalistin, auf die Familie des muslimischen gefallenen Soldaten Khan und den republikanischen Veteranen und Senator John McCain vorwirft.
Im Schlagabtausch um die wohltätigen Organisationen der beiden Kandidaten, die Clinton und die Trump Foundation, hätte republikanische Kandidat eine Chance zu punkten: Es stehen Vorwürfe im Raum, dass Clintons Spender bevorzugte Behandlung bekommen hätten, während sie Außenministerin war. Aber auch Trump hat hier einen Schwachpunkt: Er hat als erster Präsidentschaftskandidat seit Ewigkeiten seine Steuererklärungen nicht veröffentlicht: „Wir wissen nicht, ob das stimmt, was er über seine Spenden sagt“, sagt Clinton. Was bekannt sei: Dass er keine Steuern bezahlt habe. Trump: „Sie hatte die Chance, diese Gesetze zu ändern, die ich angewandt habe, sie hat sie nicht genutzt“ - Clinton sei also Schuld, dass Trump keine Steuern gezahlt hat.
„Lustig, aber beunruhigend“
Auch Trumps Vorwürfe, die Wahlen seien manipuliert, kommen zur Sprache. Es sei so, sagt er: Die Medien seien auf der Seite Clintons und überhaupt hätte sie mit ihren Skandalen gar nicht erst kandidieren dürfen – in dem Sinne seien die Wahlen manipuliert. Würde er seine Niederlage eingestehen, wenn er verliert, fragt der Moderator. „Das werde ich mir anschauen“, sagt Trump. „Das wird er nie machen“, ruft eine Frau hier im „Party Bowl“ in Nashville. Clinton zählt unterdessen Dinge auf, die laut Trump manipuliert seien, von den republikanischen Vorwahlen bis hin zu den Emmy-Awards. „Das hab ich tatsächlich gesagt“, sagt Trump lächelnd. „Es ist lustig, aber es ist auch beunruhigend“, entgegnet Clinton.
Wie in jeder Debatte bisher merkt Clinton an, dass Trump für den Irak-Krieg war, wie in jeder Debatte sagt Trump „Wrong“. Einmal mehr sagt Clinton, dass sie im Situation Room war, während Trump „The Apprentice“ moderierte – das kam beim ersten Mal besser. Zum ersten Mal reden inklusive Moderator Chris Wallace alle drei wild durcheinander. Eine knappe halbe Stunde vor Schluss ist die Luft ein bisschen draußen, bei der Debatte genauso wie in der Bar in Nashville. Die dritte Debatte, war heute auf vox.com zu lesen, sei historisch gesehen nie von großer Bedeutung gewesen. Das dürfte sich auch diesmal bestätigt zu haben. Trump, der in fast allen Umfragen weit hinten liegt, hätte heute einen Knalleffekt gebraucht, zumindest eine herausragende Performance. Geliefert hat er weder noch.
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