Amerika zur „Bananenrepublik” geworden?
Trump bezeichnete die an derzeit fünf verschiedenen juristischen Fronten gegen ihn laufenden Untersuchungen in einem Dauerton des Selbstmitleids als Stück aus einer „stalinistisch-russischen-Horrorshow”.
Der Einsatz des Justizsystems als Waffe, der Missbrauch von Macht auf allen Regierungsebenen werde als eines der „beschämendsten und verkommensten Kapitel” in die amerikanische Geschichte eingehen. Teilnehmer, die hinter dem Rednerpult standen, hielten wie auf Kommando mehrfach Schilder mit der Aufschrift „Hexenjagd” in die Kameras.
Trump nannte Ermittler „absoluten menschlichen Abschaum”. Amerika sei eine „Bananenrepublik” geworden. Er dagegen sei „wahrscheinlich der unschuldigste Mensch” im ganzen Land und Opfer massiven „Fehlverhaltens der Strafverfolgungsbehörden”.
Jemand, der vor allem wegen seines Erfolgs traktiert werde. Mehrfach erwähnte Trump neben abfälligen Bemerkungen über seinen potenziellen Rivalen Ron DeSantis, dass seine Umfragewerte trotz der drohenden Anklage in New York einen Aufwärtstrend zeigten.
An sein Publikum, das mehr als zehn Stunden Wartezeit unter freiem Himmel auf sich nahm, richtete Trump einen Schlüsselsatz: „Sie sind nicht hinter mir her. Sie sind hinter euch her. Ich stehe ihnen nur im Weg.” Sie, damit meint Trump die Staatsanwälte.
Keine Erwähnung der Toten von Waco
Wegen der Ortswahl der Kundgebung hatte es im Vorfeld die Befürchtung gegeben, dass Trump seine zuletzt geäußerten Appelle an seine Fans, dass sie für ihn protestieren mögen, noch weiter zuspitzen könnte - mit potenziell gewalttätigen Folgen in der Zukunft.
In Waco hatten sich vor genau 30 Jahren Anhänger einer okkulten Sekte über mehrere Wochen gegen die Staatsgewalt aufgelehnt. Am Ende kamen bei einem Polizei-Einsatz über 80 Menschen grausam ums Leben.
Trump nahm in seiner Rede an keiner Stelle auf das Ende der Davidianer-Sekte Bezug. Sein Team bestritt, dass die Wahl des Schauplatzes ein verstecktes Signal an rechtsgerichtete, militante Kreise gewesen sei, irgendwann in der Zukunft gegen das aufzustehen, was Trump den „deep state” nennt.
Damit ist im Jargon der politischen Rechten eine verschwörerische Clique von Bürokraten, Ministeriellen und Politikern gemeint, die sich Amerika unterwerfen wollten. Laut Trump alles „radikale, linke Irre”. Sein Mittel dagegen klingt brachial und militant: „Entweder der tiefe Staat zerstört uns. Oder wir zerstören den tiefen Staat.”
Wahl 2024 „ist die letzte Schlacht”
Für Augenrollen sorgte Trump mit einer Bemerkung, die gegen die eigenen Reihen gerichtet war. Nicht China oder Russland seien die größten Bedrohungen für Amerika. Sondern „korrupte” Politiker wie Mitch McConnell (republikanischer Minderheitenführer im Senat) oder Nancy Pelosi (ehemalige demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses). Sie „vergiften” Amerika, sagt er. Trump dagegen sieht sich als Heiler.
Neuer Akzent dazu: Es wurde das Lied „Gerechtigkeit für alle” vorgespielt. Dahinter steckt ein Gefängnis-Chor, der sich aus Männern rekrutiert, die für ihre gewalttätigen Aktionen beim Sturm aufs Kapitol in Washington im Januar 2021, als Trump de facto die Präsidentschaftswahl vom November 2020 kippen wollte, verurteilt wurden. Trump, der bei dem Song mit dem Treuegelöbnis auf Nation und Flagge (Pledge of Allegiance) mitmischt, hält sie für „politische Häftlinge” und „wahre Patrioten”. Sie dürften im Fall seiner Wahl mit Begnadigungen rechnen.
Und was, wenn er nicht gewählt würde? Trump prophezeit den Vereinigten Staaten nicht weniger als den Untergang. „Das ist die letzte Schlacht.”
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