Donald Trump denkt über Selbstbegnadigung nach
Einen Tag auf den Sturm auf das Kapitol berichtet die New York Times von neuen Plänen des Noch-Präsidenten: Er soll angeblich darüber nachdenken, sich selbst zu begnadigen. Basierend auf zwei anonymen Quellen, die bei Gesprächen darüber anwesend waren, wird berichtet, dass Trump seit der Präsidentschaftswahl Anfang November darüber räsoniere.
Demnach soll er seine Berater mehrmals über eine mögliche Selbstbegnadigung unterrichtet haben und gefragt haben, ob er es tun sollte und welche Auswirkungen ein derartiges Vorhaben für ihn hätte.
Viele Verfahren warten
Hintergrund dieser Überlegungen: Nach dem Ende seiner Amtszeit am 20. Jänner – dann wird der neu gewählte Präsident Joe Biden angelobt - könnte es für Trump juristisch durchaus heikel werden. Die Liste an möglichen anklagepunkten ist nämlich lang, wie etwa die Washington Post ausführt: Verstöße gegen verbotene Wahlkampffinanzierung, dazu kommen Bestechlichkeit und Justizbehinderung.
Schon in den Russland-Untersuchungen von FBI-Sonderermittler Robert Mueller waren diese Vorwürfe laut geworden, vor allem die Justizbehinderung blieb an Trump hängen. Damals war Trump wegen seines Amtes allerdings immun gewesen; in seinem Abschlussbericht vom März vergangenen Jahres unterstrich Mueller darum, dass „ein Präsident keine Immunität hat, nachdem er aus dem Amt ausscheidet“.
Schon damals erwog Trump die Option, sich selbst zu begnadigen – ganz öffentlich. Im Juni 2018 schrieb er auf Twitter: „Wie von zahlreichen Juristen festgestellt wurde, habe ich das absolute Recht, mich selbst zu begnadigen, aber warum sollte ich das tun, wenn ich nichts falsch gemacht habe?“
Noch nie in der US-Geschichte hat sich ein Präsident selbst begnadigt. Gut möglich scheint auch, dass ein solcher Schritt juristisch gar nicht halten würde, wie auch der frühere Staatsanwalt Elie Honig im Juli in einem Kommentar für den Sender CNN beschrieb. Denn auch wenn der Präsident damit durchkäme, hätte eine Selbstbegnadigung einen Pferdefuß – sie würde nur für Vergehen auf Bundesebene gelten.
Amtsenthebung statt Begnadigung?
Trumps Kritiker versuchen indes, ihn noch vor dem 20. Jänner aus dem Amt zu entfernen. "Es sind zwar nur noch 13 Tage, aber jeder Tag kann eine Horrorshow für Amerika sein", sagte die Demokratin Nancy Pelosi am Donnerstag. "Dies ist ein Notfall höchsten Ausmaßes." Die Schlagzeilen sind der Sprecherin des Repräsentantenhauses mit ihrer Forderung gewiss, ebenso gilt das für den Beifall der Trump-Kritiker - deren Entsetzen nach dem Angriff auf das Kapitol eine ganz neue Dimension erreicht hat. Dass eine Diskussion um die Notwendigkeit eines solchen Schritts auf den letzten Metern der Trump-Präsidentschaft überhaupt entbrannt ist, zeigt, wie angespannt die Lage ist. Aussichten auf Erfolg hat das Vorhaben aber kaum.
Grundlage für Pelosis Forderung ist Zusatzartikel 25 der Verfassung, wonach der Präsident für unfähig erklärt werden kann, "die Rechte und Pflichten des Amtes auszuüben". Das müssten Vizepräsident Mike Pence und eine Mehrheit wichtiger Kabinettsmitglieder beschließen und dem Kongress mitteilen. Trump könnte widersprechen. Würde er dann von Pence und den Kabinettsmitgliedern überstimmt, wäre der Kongress am Zug. Beide Kammern müssten mit einer Zweidrittelmehrheit beschließen, dass Trump des Amtes enthoben wird - was angesichts der Mehrheitsverhältnisse in Senat und Repräsentantenhaus unrealistisch ist.
Pelosi dürfte auf Folgendes hoffen: Der Kongress hat 21 Tage Zeit für einen Beschluss - und in dieser Zeit wäre Pence amtierender Präsident. Pelosi könnte die Abstimmung also über den Termin der Vereidigung des neuen Präsidenten Joe Biden herauszögern und Trump die letzten Tage im Amt verwehren. Der Knackpunkt: Pence und mehrere Minister müssten mitspielen. Die Nachrichtenseite Business Insider berichtete unter Berufung auf Pence-Berater, der Vizepräsident lehne das ab. Der Sender CNN meldete, Kabinettsmitglieder hätten einen solchen Schritt zwar informell diskutiert. Es sei aber "hochgradig unwahrscheinlich", dass Pence ihn unternehme.
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