Im rechtsgerichteten israelischen TV-Sender Channel 14 läuft gerade eine politische Debattensendung, als plötzlich das Bild zu flackern beginnt. Plötzlich ist ein maskierter Mann neben einer wehenden ägyptischen Flagge zu sehen, statt dem News-Ticker läuft am unteren Bildschirmrand ein arabischer Schriftzug durch das Bild:
"Wir lehnen die Umsiedelung der Menschen in Gaza aus ihrer Heimat ab. Palästina wird frei bleiben."
Der Cyberangriff, offenbar durchgeführt von einem einfachen ägyptischen Hacker namens Ahmed Osman, zeigte am Sonntag auf, wie sehr Israel selbst moderate Staaten der arabischen Welt in den vergangenen Tagen gegen sich aufgebracht hat.
Es ist kein Zufall, Osmans Angriff ausgerechnet Channel 14 galt. Dieser regierungsfreundliche Sender hatte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf dessen USA-Reise begleitet, wo Donald Trump seinen Plan, den Gazastreifen übernehmen und zur "Riviera des Nahen Ostens" machen zu wollen, erstmals präsentiert hatte - ein Plan, den Netanjahu bei einer Regierungssitzung am Sonntag erneut als "revolutionär und kreativ" bezeichnete.
Doch Netanjahu hatte noch in Washington bei einem Exklusiv-Interview mit Channel 14 eins draufgesetzt. Als der Reporter eine Frage zu einem möglichen palästinensischen Staat stellen wollte, aber unabsichtlich "saudischer Staat" sagte, entgegnete Netanjahu lachend, eine Umsiedelung aller Palästinenser nach Saudi-Arabien wäre ein guter Vorschlag, denn: "Die haben viel Land."
Ägypten beruft arabischen Krisengipfel ein
Die Nonchalance, mit der Netanjahu und Trump öffentlich über die Zwangsumsiedelung von mehr als zwei Millionen Palästinensern sinnierten, sandte Schockwellen durch die arabische Welt und rief auch bei jenen Staaten, die zuletzt eine gute Gesprächsbasis mit Israel hatten, heftige Reaktionen hervor.
Saudi-Arabien, ein enger Verbündeter der USA, der sich Israel zuletzt angenähert hatte, ortete bei beiden Männern eine "extremistische Besatzer-Mentalität". Jordaniens Außenministerium nannte Netanjahu "aufhetzerisch", jenes der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) bezeichnete die Aussagen als "verwerflich und provokativ".
Ägypten und Katar, die seit Monaten gemeinsam mit den USA zwischen Israel und der Hamas vermitteln, sahen durch die "unverantwortlichen Bemerkungen" eine "rote Linie" überschritten. Ägypten berief wegen der "ernsten Entwicklungen" sogar einen arabischen Krisengipfel ein, der am 27. Februar in Kairo stattfinden wird.
Jordanischer König heute bei Trump
Bis dahin wird noch einiges an Bewegung in die Debatte kommen. Heute, Dienstag, reist mit dem jordanischen König Abdullah II. der erste Staatschef eines arabischen Landes nach Washington, Ägyptens Präsident Abd al-Fattah as-Sisi wird ebenfalls noch im Februar anreisen. Beide erklärten bereits, Trump klarmachen zu wollen, dass dessen Pläne nicht umsetzbar seien.
Doch die beiden Nachbarländer Israels sind im Gegensatz zu den reicheren Golfstaaten des Nahen Ostens deutlich anfälliger für Druck aus den USA: Nach der Ukraine und Israel erhalten Jordanien (1,45 Mrd. Dollar pro Jahr) und Ägypten (1,3 Mrd.) mit Abstand die meiste US-Auslandshilfe.
Geld, das ausgerechnet von USAID ausgezahlt wird - jener Behörde, die aktuell in Trumps Auftrag von dessen Vertrautem Elon Musk zusammengespart wird.
Während in den USA also gerade ein Rechtsstreit um die mögliche Entlassung tausender USAID-Beamter entbrannt ist, sind dessen Auslandshilfezahlungen vorerst eingefroren; davon ausgenommen sind nur Zahlungen an Israel - und Ägypten.
Das bedeutet: Jordanien erhält vorerst kein Geld mehr aus den USA - ein enormes Druckmittel, mit dem Trump König Abdullah dazu drängen könnte, palästinensische Flüchtlinge aufzunehmen.
Es ist nicht das erste Mal, dass Jordanien dazu gezwungen wird. Sowohl nach der Gründung Israels 1948 sowie nach dem Sechstagekrieg 1967 hatte das Königreich hunderttausende palästinensische Flüchtlinge akzeptiert, sie leben teilweise bis heute ohne jordanischen Pass in eigenen Siedlungen; die Situation ist eine der größten politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen des Landes. Sie könnte sich bald verschärfen.
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