Separatisten feiern, aber nicht alle jubeln mit

Ein Veteran des Zweiten Weltkrieges in Tränen – die Kriegsangst geht wieder um.
Mitten in die Gedenkfeiern für das Ende des Zweiten Weltkrieges platzen Nachrichten von mehr als 20 Getöteten in der Stadt Mariupol.

Sie wandelt zwischen Gedenktafeln, jungen Männern in Schutzwesten und jungen Frauen in Bühnenkostümen. Ein alter Mann in Uniform grüßt sie, ein alter Bekannter; eine junge Frau drückt ihr eine rote Nelke in die Hand und sagt: „Danke“. Lena quält sich ein Lächeln ab und sagt auch: „Danke.“ Auf Russisch. Auf den Stiegen vor dem Siegesdenkmal in Donezk singt eine korpulente Dame mit ausladenden Gesten. Lena steht, schaut, blickt um sich, ein Bündel geschenkter Blumen in der Hand, die schon die Köpfe hängen lassen. Und sie sagt: „Wissen sie, ich bin ein ukrainisches Mädchen.“ Sie hat den Zweiten Weltkrieg erlebt, eine Uniform an und an sich, so die Tradition, ist das ihr Tag. Sie ist stolz auf die Dinge, zu denen sie ihren Beitrag geleistet hat. Nebenan steht eine Gruppe uniformierter Männer mit Fahnen der selbst erklärten Volksrepublik Donezk. Heute aber flüstert Lena, wenn sie auf Ukrainisch sagt: „Diesmal ist es kein schöner Tag.“

Der neunte Mai, das ist der Feiertag der Veteranen, an dem dem Ende des Krieges gedacht wird. Aber hier, in Donezk, ist es ein neuer Krieg der heraufdämmert, in dem man sich befindet, oder der bevorstehen könnte – je nach Sichtweise. Lena hat keine Meinung dazu. Sie sagt nur: „Es gefällt mir nicht,was da so passiert.“ Sie rückt ihre Blumen zurecht, legt, sie auf den Arm und geht.

"Hurra, hurra, hurra"

Später, auf dem Lenin-Platz im Zentrum, will sie nicht mehr dabei sein. „Hurra, hurra, hurra“, schreit dort ein Einpeitscher. „Hurra, hurra, hurra“, kommt das Echo von rund 5000 Menschen, die sich hier eingefunden haben – um den Gefallenen zu Gedenken und den Veteranen zu danken, aber vor allem auch, um diesem Tag eine neue Bedeutung zu verpassen. „Donbas, Donbas, Donbas“ rufen sie und „Sieg, Sieg, Sieg“. Es ist eine Siegesfeier der Separatisten, die hier stattfindet, und als rund 70 schwer bewaffnete Kämpfer mit Sturmgewehren am Platz einmarschieren, bricht die Menge in Jubel aus. „Das sind Helden, die Stars des Donbas“, so eine Frau mittleren Alters. Separatisten will sie sie nicht nennen, viel eher „Freiheitskämpfer“. Später werden die Bewaffneten LKW besteigen und von einer jubelnden Menge verabschiedet werden. Sie fahren nach Miriupol, die Stadt an der Küste, in der am Freitag schwere Kämpfe zwischen der ukrainischen Armee und Aufständischen mit mindestens acht Toten ausbrachen.

Separatisten feiern, aber nicht alle jubeln mit

A Russian serviceman aboard an armoured personnel

Aus der Sicht eines jungen Mannes steht das Ende allen Ungemachs nur kurz bevor. Am Sonntag wird ein Referendum über die Unabhängigkeit der Region von Kiew stattfinden. „Wir werden Fakten schaffen, die sie nicht ignorieren können“, sagt der Bursche, der eine russische Fahne an seinem Rucksack befestigt hat. Was er damit genau meint, will er nicht näher ausführen. Er antwortet mit einem Kopfnicken in Richtung eines Burschen in Tarnanzug und Sturmhaube.

Stimmzettel für 3,1 Mio. Menschen

Die „Volksrepublik Donezk“ hat inzwischen eine Liste von Wahllokalen veröffentlicht. Die Stimmzettel für alle 3,1 Milllionen Wahlberechtigte sind gedruckt, ausgeliefert und auch Wahlkommissionen soll es geben. Zum Teil in tatsächlich von Aufständischen besetzten Regionen, aber auch in Gebieten, wo die ukrainischen Behörden durchaus noch präsent sind. Abgestimmt werden soll in Schulen und Spitälern – in Absprache mit lokalen Behördenvertretern, die keine Order mehr aus Kiew anzunehmen scheinend. Denn aus Sicht der Regierung in Kiew ist das geplante Referendum nichts anderes als eine farce.

Aber die Zentralregierung scheint mit jedem Tag, mit jeder Stunde mehr die Kontrolle über die Region zu verlieren. „Wir wollen eine andere, eine bessere Zukunft – in Kiew hat man uns vergessen“, sagt eine junge Frau mit starkem Makeup, die ein Militärkäppi und einen grünen Uniformrock trägt. Alte, Mittelalte und junge Männer drängen sich um ein Foto mit ihr. Sie lächelt, richtet sich die Haare zurecht, öffnet mit dem ausgestreckten Arm den Blick auf die Menge hinter ihr, wo russische, weißrussische und südossetische Fahnen geschwenkt werden und sagt: „Das ist unsere Zukunft.“

Bevor sie nach Hause gegangen war, hatte Lena gesagt: „Wissen sie, wir waren einmal eine Weltmacht und diese Leute hier wollen wieder zu einer Werden. Ja, es geht uns schlecht; ja, wir sind kein reiches Land und ja, wir haben Probleme – aber die können wir nur selbst lösen.“ Und sie dreht sich um, macht eine abfällige Handbewegung und sagt: „Aber was sag ich, ich bin doch nur ein dummes, altes ukrainisches Mädchen.“

15 Betriebe dürfen nicht mehr liefern. Gesundheitsministerium übersetzt, warumIm Vorjahr hat Österreich Lebensmittel und Tiere im Wert von rund 207 Millionen Euro nach Russland exportiert. Heuer wird es wohl weniger sein. Vor allem bei jenen 15 österreichischen Fleischverarbeitungs- und Molkereibetrieben, die seit dieser Woche nicht mehr nach Russland liefern dürfen. Betroffen sind unter anderem die Berglandmilch, Ennstal Milch, Alpenmilch Salzburg sowie der Tiroler Speckspezialist Handl oder Steirerfleisch.

Günter Walkner soll nun die Wogen glätten. Er wird von Agrarminister Andrä Rupprechter nächste Woche als „Sonderbeauftragter“ nach Moskau geschickt, um Vertreter der russischen Veterinärbehörden und des Landwirtschaftsministeriums zu treffen. Und wohl auch, um herauszufinden, was genau hinter dem Importstopp steckt. Walkner war acht Jahre Agrar- und Umweltattaché in Russland. Seine Kontakte sollen helfen, die Wogen möglichst rasch zu glätten.

Formfehler

Überprüfungen von Lieferbetrieben, wie jene russischer Behörden, die dem Importstopp vorausgegangen sind, sind nicht unüblich. Zuletzt gab es solche 2011 in Österreich. Damals wurden fünf Betriebe vorübergehend für den Export nach Russland gesperrt. Meist handelt es sich bei den Mängeln um Formalitäten, wie falsche Beschriftungen oder Formulare, die nicht so aufgesetzt sind, wie von den Behörden gewünscht. Experten merken allerdings auch an, dass den Inspektionsteams auffällig oft in politisch angespannten Zeiten solche Formfehler auffallen.

„Leicht machen es uns die Russen nicht gerade“, sagt Lisa Fuchs, Sprecherin von Gesundheitsminister Alois Stöger. Der Bericht zu den Mängeln liegt derzeit im Gesundheitsministerium. „Er ist mehrere hundert Seiten dick und in russischer Sprache verfasst.“ Derzeit wird an der Übersetzung gearbeitet. Normalerweise würden solche Berichte in Englisch verfasst, merkt Fuchs an.

Am 14. Mai gibt es ein Treffen von Vertretern aus Wirtschaft und Politik, um die weitere Vorgehensweise zu besprechen. Österreich hat zwei Monate Zeit, um zu reagieren. Im Gesundheitsministerium geht man davon aus, dass es sich vor allem um Formalfehler handelt. Betroffene Betriebe liefern unter anderem auch nach Japan, dem Land mit den strengsten Standards, heißt es.simone Hoepke

Kommentare