Die neue Macht der Schüler und Eltern
Schöne neue Schulwelt? Die Bildungsreform, die im Juni beschlossen wurde, bietet Schulen deutlich mehr Möglichkeiten, den Schulalltag zu gestalten – ohne bürokratische Hürden.
Jedes Bundesland hat eigene "Leuchtturmschulen", die vorzeigen, wie die Schulautonomie helfen kann, den Schulstandort aufzuwerten.
Was aber, wenn ein Schulstandort den erweiterten Gestaltungsspielraum gar nicht nützen will, nach dem Motto: "Das war schon immer so, das wird so bleiben?"
Schul-Gremien
Entscheidungen am und über den Schulstandort sind nicht alleine Sache der Direktion. Gesetzliche verankerte Gremien wie der Schulgemeinschaftsausschuss (SGA) oder das Schulforum (in Volksschulen und Neuen Mittelschulen) müssen bei wesentlichen schulischen Entscheidungen überzeugt werden und ihren Sanctus geben.
In diesem Gremium können aber auch Reformen verlangt werden, wenn eine einfache Mehrheit der Ansicht ist, dass bestimmte Innovationen – etwa Kooperationen mit Vereinen oder zusätzliche Fächer – ermöglicht werden sollen.
Zentrale Steuerung
Eine Direktorin, die namentlich nicht genannt werden will (niemand stellt sich gernen öffentlich gegen seine Kollegen), erklärt, wie das gehen kann: "Es gibt eine Macht der Eltern. Das funktioniert über den Elternverein und das Klassenforum oder den SGA. Der SGA ist eigentlich das zentrale Steuerungselement einer Schule. Da sind drei Lehrervertreter, drei Schülervertreter und drei Elternvertreter. Ich brauche aber eine Zweidrittelmehrheit, damit ich einen Beschluss durchbringe. Wenn die Elternvertreter die Schülervertreter auf ihre Seite ziehen können, weil sie gerne das eine oder andere Angebot am Schulstandort umgesetzt haben wollen, haben sie die Möglichkeit, die Schulleitung dazu zwingen, das auch umzusetzen. Diese Möglichkeit gibt es sehr wohl."
Änderungen könnten so zum Beispiel beim Stundenplan ermöglicht werden, wo gewisse Unterrichtseinheiten eingespart und bis zu drei ganz neue Fächer geplant werden können. "Da kann die Schule autonom entscheiden und Unterrichtsstunden auch anders verteilen."
Einfluss habe der SGA auch bei den umstrittenen Teilungszahlen, also wie groß Gruppen oder Schulklassen sein sollen. "Durch Umschichten der Unterrichtseinheiten kann man etwa beim Spracherwerb kleinere Gruppen machen, was sehr sinnvoll sein kann", sagtZierfuß. Er schränkt aber ein, dass der Schulleiter ein Veto-Recht hat. "Das kann aber nur wirksam werden, wenn entweder Beschlüsse gefasst werden, die nicht dem Gesetz entsprechen, oder die eingeforderten Maßnahmen aus organisatorischen Gründen nicht umgesetzt werden können." Das Gesetz, fasst Zierfuß zusammen, biete also viele neue Möglichkeiten. "Ob diese auch ausgeschöpft werden, kommt auf die Bereitschaft im SGA an", findet der Bundesschulsprecher.
Deutlich kritischer ist hingegen der Präsident des Bundeselternverbandes, Gernot Schreyer: "Ich bin überzeugter Demokrat. Aber ich halte es nicht für sinnvoll, wenn in diesen Schulgremien zwei Gruppen, also etwa die Eltern und die Schüler, gegen eine andere, also die Lehrer, Maßnahmen erzwingen wollen. Am Ende müssen Reformen ja die Lehrer am Schulstandort umsetzen. Wenn alle versuchen, in diesen Gremien auch zusammenarbeiten, ist das sicher sinnvoller", so Schreyer zum KURIER.
Die im Juni verabschiedete Schulreform hat an der Situation der Schulgremien grundsätzlich nichts geändert. Neu ist, dass die Schulleitung sich nicht mehr auf die Schulbehörden ausreden kann, was am Schulstandort erlaubt ist und was nicht. Denn nun werden die Schulen in der Gestaltung des Schulalltags autonom – sie sollen und können selbst entscheiden, in welche Richtung sich ihre Schule weiter entwickeln soll.
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