„Wer weiß, wann es wieder eine gewisse Normalität geben wird?“, fragen sich die Menschen. Genau diese Frage stellen sich auch die Geschäftsleute der Mode- und Shopping-Metropole.
Normalerweise herrscht zu dieser Jahreszeit am Corso Vittorio Emanuele, der Straße, die zum Dom führt, und auch in der Galleria großes Gedränge. Auch viele Shopper aus Österreich sind sonst hier zu finden. Dieses Jahr ist keine Spur davon.
Wie viele Geschäfte werden die Pandemie überleben? „Noch schwer zu sagen“, antwortet Diletta Giorgolo Spinola, Immobilien-Verkaufschef bei Sotheby’s. Es komme auf die Lage an: „Die Luxus-Boutiquen in der Via Montenapoleone haben nichts zu befürchten. Ihre Kundschaft legt viel Wert auf das Service rund um das Einkaufen. Die steigen nicht auf Online-Shopping bei ausländischen Anbietern um.“
Dafür haben auch die Luxus-Boutiquen gesorgt, die während der Sperren ihren Stammkunden virtuelle Geschäftsführungen angeboten haben. Gekauft wurde dann online. Trotzdem war der Umsatzeinbruch auch im Luxusviertel Montenapoleone, zu dem auch die Via del Gesù gehört, schmerzlich zu spüren. „Das Ausbleiben der ausländischen Kundschaft, die im Durchschnitt 2.200 Euro ausgibt, wiegt schwer“, sagt Gugliemo Miani, Chef der Kleidermarke Laurismani und Verbandspräsident der örtlichen Geschäftsleute in der Modemetropole.
Immerhin ist die italienische Kundschaft erhalten geblieben. Diese gibt im Nobelviertel im Durchschnitt aber nur 1.000 Euro aus. Im nicht ganz so noblen Kaufhaus Rinascente am Domplatz lässt ein Einheimischer durchschnittlich sogar nur 400 Euro für die weihnachtlichen Geschenke liegen. Unterm Strich macht sich Miani dennoch wenig Sorgen um die Zukunft.
Er vergleicht Montenapoleone mit einem Formel-1-Rennwagen. „Bei einem Unfall müssen alle anhalten. Sobald das Problem behoben ist, sind die schnellsten Autos gleich wieder an der Spitze.“ Und das Montenapoleone-Viertel sei nun einmal der Ferrari der Shoppingstraßen, auch wenn es im Moment noch nicht so richtig in Fahrt gekommen sei.
Keine Frage, die Stadt wird sich, sobald der Impfstoff da ist, rasch erholen, Touristen werden wieder kommen, Modeschauen und die Designwoche die Stadt wieder zum Boomen bringen.
Ein Zurück in die Zeit vor der Pandemie wird es aber nicht geben. Die Stadtverwaltung hegt ambitionierte Pläne, auch im Hinblick auf die olympischen Winterspiele 2026, für die sie zusammen mit Cortina d’Ampezzo den Zuschlag bekommen hat.
Fünf Millionen Bäume
Bürgermeister Giuseppe Sala hat klare Vorstellungen dafür. Die Luft soll reiner werden. Deswegen ist es ab 1. Jänner verboten, in Parks zu rauchen, ab 2025 überall im Freien. Bis 2030 sollen im Großraum Mailand fünf Millionen neue Bäume gepflanzt werden. Der Plan nennt sich „ForestaMi“, was sowohl „bewalde mich“ als auch „bewalde Milano“ bedeutet.
Der deutsche Architekt Andreas Kipar, der schon sein Leben lang in Mailand wohnt und in den vergangenen zehn Jahren maßgeblich zur Begrünung der Stadt beigetragen hat, begrüßt die Pläne. „Das ist der richtige Ansatz, und Mailand hat die Voraussetzungen, diese Vision umzusetzen“, ist Kipar zuversichtlich.
Beim ersten Corona-Lockdown im Frühling hingen Leintücher mit dem Satz „Alles wird gut“ von den Balkonen der Metropole. Ein paar davon sieht man heute noch: Etwas verblasst, die Zuversicht aber bleibt.
Andrea Affaticati, Mailand
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