Die Gefährder vom rechten Rand

Schulterschluss nach dem Anschlag von London – ein rechtsextremer Brite war in eine Menschenmenge gerast, um Muslime zu töten .
Ein Familienvater und Rassist als Attentäter von London – die Hemmschwelle für Gewalttaten sinkt.

Nach der Tat schwebt also die schon bekannte Frage im Raum: Wo und vor allem wie hat sich der Täter radikalisiert? Was ist passiert, dass ein Normalbürger plötzlich einen Lieferwagen in eine Menschenmenge steuert, um zu töten? Eine Person starb bei der Tat, elf wurden verletzt. Nach dem Anschlag auf eine Moschee in London in der Nacht auf Montag stellen sich Ermittler diese Fragen – wieder einmal.

Diesmal nur mit anderen Vorzeichen. Denn der Täter war kein religiöser Fanatiker mit apokalyptischen Gewaltfantasien. Es handelt sich um einen 47-jährigen vierfacher Familienvater aus Cardiff, dessen Gewaltfantasien sich gegen Muslime richten. "Er ist kein Rassist", sagte sein Neffe über Darren Osborn gegenüber Medien. "Er ist offenbar einfach verrückt." Seine Mutter bezeichnete Osborne als "komplexe Person".

Zuletzt soll er einen Buben asiatischer Abstammung aus der Nachbarschaft beleidigt haben. Am Tag vor der Tat sei er wegen rassistischer Bemerkungen aus einem Pub geschmissen worden. Und einen Tag später ermitteln die britischen Behörden gegen ihn wegen Terrorismus. Ausgegangen wird aber von einem Einzeltäter.

Laut der Zeitung Independent ist genau das das Problem, wenn es um rechtsextremen Terrorismus geht: Der Umstand, dass solche Taten eben in den allermeisten Fällen nicht das Werk organisierter Netzwerke sind.

Dabei ist in Großbritannien spätestens seit dem Mordanschlag auf die Labour-Abgeordnete Jo Cox im Juni 2016 klar, welches Gewaltpotenzial diese Szene entwickelt hat. Heute kommen laut britischem Innenministerium rund ein Drittel der als Gefährder eingestuften und unter Beobachtung stehenden Personen aus dem rechtsextremen Umfeld – Tendenz steigend. Entsprechend verhält es sich auch mit der Zahl an Festnahmen wegen Terrorismus.

Der Anstieg an rechtsextremen Taten ist dabei jedoch ein Trend, der sich quer durch Europa zieht. Zuletzt war im Bericht des österreichischen Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) für das Jahre 2016 von einem Anstieg rechtsextremer Taten um 13,6 Prozent die Rede. Das, nachdem diese Zahl 2015 gegenüber 2014 um unglaubliche 54,7 Prozent angestiegen war. BVT-Direktor Peter Gridling nannte als Grund für den Anstieg, dass "rechtsextreme Töne nicht mehr nur an den Rändern auftauchen, sondern auch in die Mitte der Gesellschaft wandern".

"Anschlussfähigkeit"

Gerade letzteres ist ein Umstand, den auch der deutsche Verfassungsschutz (BfV) beobachtet. Der BfV nennt es eine zunehmende "Anschlussfähigkeit des Rechtsextremismus". Das bedeutet: Eine "schwindende Abgrenzung zum Rechtsextremismus" bei zugleich zunehmender "Akzeptanz von Gewalt und Militanz in Teilen der Bevölkerung". Während die Zahl der "subkulturell geprägten Rechtsextremen" (Skinheads, Hooligans etc.) im Bericht für das Jahr 2015 (Zahlen für 2016 liegen noch nicht vor) eher stagniert und mit 8200 Personen angegeben wird, wird die rechtsextreme Szene im gesamten mit 22.600 Personen beziffert – 11.800 davon werden als "gewaltorientiert" eingestuft.

Und gerade bei Straftaten ist in Deutschland ein massiver Anstieg zu beobachten. Von einem exorbitanten Anstieg ist da die Rede. Vor allem aber auch einem Anstieg an Gewaltdelikten. Und: solche Taten werden zunehmend von Personen außerhalb bekannter rechtsextremer Strukturen begangen. Wobei zunehmend auch neue Personengruppen zu Opfern würden: Politiker, Polizisten, Mitarbeiter von NGOs, Journalisten.

Zugleich aber hat der BfV laut eigenen Angaben "Hinweise auf organisierte Gewalt bis hin zu Ansätzen für rechtsterroristische Strukturen".

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