Die drei Szenarien im Machtkampf Laschet vs. Söder

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Fünf Monate vor der deutschen Bundestagswahl streiten Armin Laschet und Markus Söder um die Kanzlerkandidatur der CDU/CSU.

Es ist eine historische Schlacht, die sich Armin Laschet und Markus Söder liefern, vergleichbar mit den legendären Auseinandersetzungen zwischen Helmut Kohl und Franz Josef Strauß. Fünf Monate vor der Bundestagswahl in Deutschland fragen sich viele in der Union, wie die Vorsitzenden von CDU und CSU nach den Verletzungen im jetzigen Machtkampf um die Kanzlerkandidatur später überhaupt noch gemeinsam Wahlkampf machen wollen.

Egal, wer von den beiden am Ende ins Rennen um die Nachfolge von der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) geht: Die Wunden könnten zur entscheidenden Hypothek werden - und die Union im September nach 16 Jahren das Kanzleramt kosten.

Am Montag dürfte das ganze Desaster der Schwesterparteien offensichtlich werden. Die Grünen präsentieren ihre Kanzlerkandidatin oder ihren Kanzlerkandidaten: Annalena Baerbock oder Robert Habeck. Die früher als Chaostruppe verschriene Partei liefert das Gegenbild zu CDU und CSU. Ohne Auseinandersetzungen und ohne Beteiligung der Mitglieder demonstrieren die Grünen, wofür die Union früher legendär war: Geschlossenheit.

Auf Biegen und Brechen

Tatsächlich liefern sich Laschet und Söder, was beide angeblich nicht wollten: einen Machtkampf auf Biegen und Brechen, und zwar von beiden Seiten und mit fast allen Mitteln. Ein CDU-Abgeordneter, der auf den CSU-Chef setzt, berichtet von immensem Druck auf Parlamentarier. Laschet stehe Söder in nichts nach. Der NRW-Ministerpräsident werde zwar oft als "lieber Onkel" verspottet. In Wahrheit sei aber auch er ein knallharter Machtpolitiker, lediglich im karnevalistischen Gewand.

Zentrale Frage für die Union dürfte nach einer beinahe selbstzerstörerischen Woche sein, wie man schnellstmöglich in den Wahlkampfmodus kommt - Verletzungen und Beschädigungen hin oder her. Doch dafür müssen der 60 Jahre alte Regierungschef aus Nordrhein-Westfalen und sein 54-jähriger Kollege aus Bayern erstmal eine Einigung finden. Fast nichts dringt am Wochenende nach draußen, Geheimhaltungsstufe eins. Von guten und konstruktiven Gesprächen ist lediglich die Rede - doch was heißen solche Floskeln schon? Am Sonntag lief die selbst gesetzte Frist für eine Einigung ab. Wie geht es weiter?

Szenario eins: Laschet besteht auf die Kandidatur, Söder gibt nach.

Laschet werde nicht einknicken, war aus der CDU zu hören. Besteht er auf der Kandidatur und Söder gibt doch noch nach, dürfte der Bayer deutlich machen, bei wem er die Verantwortung sieht, sollte die Wahl verloren gehen: bei Laschet.

Doch zunächst müsste der nach wie vor in Umfragen weit hinten liegende Laschet die verunsicherte Parteibasis befrieden. Vor allem Söder-Fans unter den CDU-Bundestagsabgeordneten befürchten einen Aufstand der Basis, sollten Vorsitzender und "Establishment" - Präsidium und Vorstand - dem Willen von Mitgliedern und Anhängern nicht folgen. Viele CDU-Abgeordnete wurden aus Kreis- und Ortsverbänden mit Nachrichten bombardiert, die mit Parteiaustritt oder Wahlkampf-Boykott drohten, falls Söder nicht Kandidat werde. Ob die Laschet immer wieder bescheinigten Versöhner-Qualitäten reichen, um einen Aufruhr zu verhindern?

Der Nürnberger hat viel weniger zu verlieren als der Aachener. Söder könnte auch bei einer Niederlage triumphieren: Sein Image als harter Hund dürfte zu Hause nicht schaden. Und auch nicht, dass viele in der CDU viel lieber ihn als Kandidat gehabt hätten. Andererseits hat sich Söder in dieser Woche viele CDU-Granden zum Gegner gemacht.

Szenario zwei: Laschet fügt sich dem Druck der Basis, Söder wird Kandidat.

Nicht nur CDU-Abgeordnete, die Angst um ihr Mandat haben, auch erfahrene CDU-Insider glauben, dass mit Söder die Wahl einfacher zu gewinnen wäre. Zu stark sei Laschet angeschlagen. Der Bayer könne die Wahlkämpfer besser motivieren. Gerade beim Nachwuchs von der Jungen Union, der sowieso in der Mehrzahl zu Söder tendiert. Andererseits: Nach dieser Woche wäre die Mission Kanzleramt auch für einen Kandidaten Söder mit vielen zusätzlichen Risiken behaftet.

Doch Laschet und fast der gesamte engste Führungszirkel der CDU - so glauben einige, die lange in der Partei sind - müssten eigentlich einpacken, wenn sie sich nicht gegen Söder durchsetzen. Zu lange hat der CDU-Chef, der ja erst im Jänner nach langem Kampf gewählt wurde, auf die Kandidatur gepocht. Zu intensiv haben viele Granden für ihn geworben - vom deutschen Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble über Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier bis hin zu vielen Landesvorsitzenden. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass die gewählten Führungsgremien der CDU quasi entmachtet würden, falls man sich den Umfragen und Forderungen der Basis fügt, die als konservativer als die Parteiführung gilt.

Szenario drei: Laschet und Söder einigen sich nicht.

Als denkbar galt in der Union, dass Laschet dann für diesen Montag eine Sondersitzung des Vorstands einberufen könnte, um über die K-Frage abzustimmen. Ausgang offen. Es wäre eine Art Vertrauensabstimmung: Verlöre er, wäre er wohl so beschädigt, dass sich die CDU gleich einen neuen Vorsitzenden suchen könnte.

Möglich wäre auch eine Abstimmung in der Bundestagsfraktion. Seit Tagen werden dort Unterschriften von Söder-Unterstützern gesammelt, um ein Votum der Fraktion, womöglich am Dienstag, zu erzwingen. Aber lassen es beide darauf ankommen? In beiden Parteien wird vor der Gefahr einer noch tieferen Spaltung gewarnt. Nach wie vor gilt ja: Im Wahlkampf wird der eine auf den anderen angewiesen sein, die eine Partei auf die andere.

Problem: Nach den langen Kanzlerschaften von Merkel und Kohl gibt es kein Verfahren, wie der gemeinsame Kanzlerkandidat bestimmt wird. Soll künftig immer in der Fraktion abgestimmt werden, dem einzigen gemeinsamen Gremium? In einem neuen Gremium, nur für die K-Frage? Oder per Mitgliederbefragung? Die aktuelle Lage lehrt: Wenn die kleinere CSU einen guten Kandidaten hat, muss das auch bei einer Befragung aller Unionsmitglieder kein Nachteil sein.

Erst einmal aber müssen CDU und CSU die aktuelle Krise irgendwie zu einem Ende bringen - wobei von einem guten Ende eigentlich schon gar nicht mehr die Rede ist. Der Schaden sei jetzt schon immens, heißt es. So oder so.

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