Wer ist das Volk? Wirbel um Merkel-Sager
Zwei kleine Sätze mit großer Wirkung: Die Breitseite, die Angela Merkel vergangenes Wochenende bei einer CDU-Veranstaltung in Mecklenburg-Vorpommern der AfD mitgeben wollte, hat sich zu einem kleinen Bumerang entwickelt. "Es gibt keinerlei Rechtfertigung, dass sich kleine Gruppen aus unserer Gesellschaft anmaßen zu definieren, wer das Volk ist", sagte sie da – mitsamt dem Nachsatz: "Das Volk ist jeder, der in diesem Lande lebt."
Genau daran stößt sich nicht nur die angesprochene AfD, deren Unterstützer ja gern den ehemaligen Anti-DDR-Slogan "Wir sind das Volk!" für sich ummünzen und mit nationalistischen Untertönen belegen. Neben Parteichefin Frauke Petry, die Merkel kurzerhand als "Verfassungsfeindin" bezeichnete, und ihrer Vize Beatrix von Storch, die Merkel der "Umdeutung des begriffes" bezichtigte, regte sich auch Kritik in Merkels eigener Partei. Die CDU-Gruppierung "Freiheitlich-konservativer Aufbruch" ärgerte sich über die "Gleichsetzung von Volk mit Einwohnern"; sie monierten, dass "Merkels Äußerungen die Wahlerfolge der Union bei den bevorstehenden Landtagswahlen und der Bundestagswahl gefährden, weil sie die Stammwähler der Union ausgrenzt."
"Nicht Gesamtheit aller Personen"
Kritisch fiel auch die Reaktion von CDU-Urgestein Wolfgang Bosbach aus, der mit seinem Unverständnis für die Politik der Kanzlerin noch nie gerne hinterm Berg hielt: Er wies in einem Gastbeitrag in der Bildzeitung darauf hin, dass es per Gesetz einen Unterschied zwischen Volk und Bevölkerung gebe; dass "der viel zitierte ,Souverän‘, der in Wahlen und Abstimmungen die Staatsgewalt ausübt", nicht die Gesamtheit aller Personen in Deutschland meine. Bosbach, der sich – auch wegen Merkels Griechenland- und Flüchtlingspolitik – nicht mehr zur Wahl stellt, sieht in seiner Kritik aber keine Kuschelei mit AfD oder Pegida: "Wer aber bei einer Pegida-Demo ‚Wir sind das Volk!‘ schreit, sollte sich nicht mit dem ganzen Volk verwechseln. Die große Mehrheit unseres Volkes hat mit der Pegida-Bewegung nun wirklich nix am Hut."
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